
Titelt die Tourismusbehörde und beschreibt damit auch Schlagzeilen wie diese: Feierabendverkehr – Bräutigam kommt zwei Stunden zu spät zu eigener Hochzeit. So geschehen in Delhi auf der Eheschließung von Shobi und seiner Frau, die – ist sich muslimische Hochzeit – an diesem Tag überhaupt keine Rolle spielt. Berechtigte Frage nun: Was macht Globalbummler Borgmann (mit seinen rudimentären Tanzkurskenntnissen, alles über Roland Kaiser hab ich verlernt) auf einer Hochzeit in Indien?
Einladung natürlich über Couchsurfing, Gastgeberin Barbara (65, Amerikanerin) ist quasi das Muttertier der örtlichen CS-Szene, in ihrem Fahrwasser gelange ich zu der sündhaft teuren Veranstaltung (>300 Gäste) im Railway Officers Club im Herzen von Indiens Kapitale. Mit Dekoration hat es der Inder offenbar, weniger allerdings mit förmlicher Kleidung. Das kommt mir entgegen, fühle ich mich dadurch dich nicht ganz so underdressed wie das bei vergleichbaren gesellschaftlichen Anlässen in der Heimat der Fall gewesen wäre...

Obwohl auch wir zu spät sind (nur 30 Minuten) bleibt dank durchschnittlichen Feierabendverkehrs genügend Zeit, das Büffet zu plündern, bis der Herr angehender Gemahl eintrifft. Entgegen lokalem Brauchtum wird hier nicht die Braut verschleiert (die sitzt dafür während der kompletten Zeremonie in abgeschottet in einem extra Raum), sondern der Bräutigam. Während der sich auf aufwändig geschmückten Bühne niederlässt und mit seinen Kollegen im Schneidersitz vor sich hin sitzt und auf irgendwas wartet, plündert die Gästeschar das Büffet. Die alte Regel „Gäste durch regelmäßige Nahrungszufuhr bei Laune halten“ wird hier mit vollem Einsatz befolgt!

Zur Freude meines Begleittrosses liegt mir der indische Standard bei der Gerichtswürzung und mir wird konsequenterweise alles auf den Teller gehauen, irgendwie nach Essen aussieht. Entsprechend gefüllt und mit Eisbecher in Hand verfolgen wir dann das groß angekündigte Ritual der Eheschließung, das nach wie vor ohne Braut – und für den ganzem Aufwand mit insgesamt zehn Minuten reichlich unspektakulär – abläuft.
Dreimal muss Kollege Shobi bestätigen, dass er seine Braut (vertreten durch ihren Onkel) auch tatsächlich heiraten will, dann ist die (arrangierte! Hier nach wie vor weit mehr als die Hälfte!) Hochzeit über die Bühne gebracht und die Gästinnen dürfen einen Blick auf die Braut werfen.

Nachdem Shobi eine weitere Stunde Fotomodell stehen muss dürfen er und seine Familie gegen Mitternacht dann auch endlich an den Futtertrog – runde vier Stunden nachdem wir angekommen sind! Weil zeitgleich das Büffet abgeräumt wird, besteht für uns kein Anreiz länger zu bleiben.
Tänzerische Unzulänglichkeiten blieben im Übrigen verborgen – Tanz und Musik gab es nämlich überhaupt nicht. Das kommt erst am Tag drauf, dann schmeißen des Bräutigams Eltern die nächste Sause, nachdem sich Muddi und Vaddi seiner Angetrauten mit der ersten Party gefährlich nah an den finanziellen Ruin begeben haben. Macht man hier halt so...
Das machen wir bei Deiner Hochzeit alles genau so .... ! Woffang
AntwortenLöschenwenn ich darum bitten dürfte!! Möchte an dieser Stelle aber auch gleich anmelden, dass ich die Braut vertreten möchte...Max, ich will es dich sagen hören!(3x,...so ist es Brauch, habe ich aus gut unterrichteter Quelle) :-)!
AntwortenLöschenHabe schon angefangen, Blumengirlanden und Baldachine aus buntem Tüll zu knüpfen. Wenn die Dekoration allerdings für 300 Gäste reichen soll, dann musst du mit der Heiraterei warten bis du alt und grau bist. Ach ja, und die vielen kleinen Glühlampen....
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