Sprach ich zuletzt vom „überforderten“ Bodenpersonal in Jakarta? Das muss ich – eines besseren belehrt – zurücknehmen! VOLLKOMMEN UNFÄHIG sind die, das sucht seinesgleichen in der Welt des kommerzialisierten Personentransports!
Was war geschehen? Nach Einkassieren der horrenden Flughafenbearbeitungsgebühr war die Tickettrulla so frei, mein Gepäck trotz offensichtlich zusammenhängenden Tickets (Jakarta => Kuala Lumpur => Sydney mit knapp einer Stunde Aufenthalt beim Malayen) nur mit einem Aufkleber bis „KL“ zu versorgen. Auffliegen tat die Sache ansatzweise im Flieger, als mir identischer Gepäckaufkleber auf meiner Ticketrückseite ins Auge stach. „Das könnte interessant werden“, denk ich noch bei mir und wende mich nach erfolgreichem Landeanflug an das örtlich zuständige Bodenpersonal.
Der Malaye im farbenfrohen türkisenen Sakko (mit Corall gewaschen?). Dort entsteht Gewissheit: Mein Rucksack wird nicht den von mir vorgesehenen Weg durch die malaiischen Flughafenverdauungstrakt gen Sydneyflieger nehmen, sondern fachgerecht aufs Gepäckband hinter dem Einreiseformalitäten beordert...
Mir wird vom nächsten Schalterbeamten erläutert, ich müsse also (binnen 45) Minuten meinen Weg hinter die Grenzbeamten schaffen (Level 1), dort meinen Rucksack abfangen, wieder zum Check-In-Schalter (Level 5), um mein Gepäckstück auf die Reise gen Australien zu schicken, und dann mich selbst auf die Reise zum Abflugterminal C begeben. Das ist per „Monorail“-Bahn zu erreichen – um ein Gefühl für Entfernungen zu vermitteln...
Ach ja, eine nachträgliche Umleitung meines Rucksacks in die richtige Maschine sei natürlich unmöglich.
Kooperativ zeigt man sich zunächst an der Einreiseschranke. Freundlich werde ich darüber aufgeklärt, dass ich mein Gepäck auch direkt nach Sydney hätte verflugzeugen lassen können. Wirklich?, denke ich mir. Das ist mir neu, dass Fluglinien (beide Flüge mit Malaysia Airdings) dazu mittlerweile in der Lage sind! Dennoch bekommen ich unter mitleidigen Blicken ein malaiisches Visum im Schnelldurchlauf und den dezenten Hinweis, dass ich noch 35 Minuten bis zum Abflug meines Vogels habe...
Zeit zum Verschnaufen bietet sich un(v)erhofft an Gepäckbank 3, an dem bislang nämlich ausgedehnte Feiertagsstimmung herrscht: kein Gepäck so far. Dafür ein neuer Froschkönig im türkisenen Gewand. Sein Funkgerät bringt mich auf die Idee, er könne – nachdem ich ihm meine Geschichte dargelegt habe – ja vielleicht einen Check-Heini schon mal fernmündlich über meine verspätete Extrarunde informieren. Kann er nicht, warum auch – gehört ja nur zum selben Verein.
Dafür beziffert er meine Chancen, mit Gepäck in Sydney zu landen auf den niedrigen zweistelligen Prozentbereich. „Sie sollten sich entscheiden, ihr Flugzeug zu bekommen oder ihr Gepäck zu holen. Es sind ja nur noch 30 Minuten bis zum Abflug.“
Fünf Minuten Wartezeit könne ich mir erlauben, wird kalkuliert, die gebe ich meinem Rucksack – das hat er sich hart erarbeitet in den letzten fünf Monaten! Und ganz im Sinne eines Miroslav Klose in Bestform rechtfertigt er mein Vertrauen. Taucht unvermittelt auf dem Gepäckband auf und mir beschleunigt gen Check-In-Bereich auf Level 5.
Am Schalter für die Business-Klasse vermute ich die wenigsten Passagiere und kompetentes Personal, also vorgedrängelt zur erstbesten Check-In-Beauftragten. Nach der zweiten Darlegung der Cuasa Borgmann vermeldet die Dame, der Flug sei schon „closed“, wofür ich Verständnis äußere, schließlich sei im Flugplan wohl auch nicht vorgesehen, dass Passagiere beim Umsteigen zunächst ihr Gepäck aus fremdem Hoheitsgebiet holen müssten...
Es folgen eine Denkpause und der Dem Griff zum Telefon sowie die Anweisung, einem der Gepäck-Sherpas zu folgen – es geht zur Sperrgepäckaufgabe, bei der ich mit einem Lächeln begrüßt und in der selben Sekunde auch wieder verabschiedet werde. Schließlich muss ich innerhalb von 20 Minuten noch durch die Osama-Schranke (oder jetzt Nigeria-Schranke) und zu Gate C 25 hetzen. Gut zu Fuß (mehrfach exkursionserprobt) drängle ich mich also bei Ticket- und Körper-Checks vor. Doch das hier ist noch nicht Terminal C, da fehlt ja noch die (eingedeutscht) Einschienenbahn...
Auf die muss natürlich gewartet werden, allerdings werde ich dann auch direkt vors Gate kutschiert. Vollgeschwitzt der letzte Sicherheitscheck, und ich sehe sogar noch andere Passagiere vor mir einsteigen. Die letzte Kleinfamilie musste zudem Wasser, Kaffee und Cola in Quarantäne geben – die sind mir 10 Minuten vor Abflug gern gesehene Beute. Moral 1 von der Geschichte: Einchecken zweieinhalb Stunden vor Abflug ist totaler Blödsinn – knappe 30 reichen völlig... Moral 2: Air Malaysia ist zwar extrem heimstark (wurde exzellent durch den Fughafen gelenkt), kann auswärts (speziell Jakarta) aber mal gar nix!
Bleibt noch aufzuklären, warum chinesische Jungspunde mit blanker Waffe durch den Bus laufen (eine Art permanent offener Hosenstall): Nunja, der Gebrauch von Windeln scheint dortzulande nur von bestimmten Bevölkerungsgruppen gutgeheißen zu werden. Deutlich beliebter ist dagegen (im Falle der juvenilen Notdurft), den Bengel a) in den Eingangsbereich des Busses zu verfrachten, und dort dem Druckabbau freien Lauf zu lassen (so gesehen auf der Rückfahrt vom Pandarefugium in Chengdu)), oder b) ihn (wenn das ganze Open Air stattfindet) über eine nahe gelegene Mülltonne zu halten.
Letzteres ist – dank rückwärtig dauergeöffneter Hose – auch bei größeren Verdauungsaufgaben möglich, konnte von mir allerdings (zum Glück!) nicht im Bus bestaunt werden...
Ein Höchstalter (also einen Zeitpunkt, wann Bequemlichkeit nudistischer Scham weicht) für die öffentliche Pillemannpräsentation konnte ich allerdings nicht herausfinden. Hier gilt es wohl, von Fall zu Fall neu zu entscheiden und dem Junior vor die Wahl zu stellen: Lernen anzuhalten, oder halb entblößt im ÖPNV zu sitzen – vielleicht führt dieser Druck der öffentlichen Blamage zu einer schnelleren Gewöhnung an die übliche Toilettenbenutzung, als ein durch Windelbenutzung bedingte dicker Po unter der Hose.
Vorausschauend auf den nächsten Eintrag schonmal eine neue Wortschöpfung: Thainachten...
Montag, 28. Dezember 2009
Mittwoch, 23. Dezember 2009
Pandas haben übrigens nur Flausen im Kopf
Kohle fordern aber kein Wechselgeld haben – die sind mir spaßig! Die Rede ist vom überforderten Bodenpersonal am Flughafen Jakarta. Das ist qua Order from the Muffti angehalten, von Passagieren mit internationaler Destination schlanke 150.000 Rupien (immerhin elf Euro) Bearbeitungsgebühr einzufordern (seit März 2009 – vielleicht eine Klimaabgabe für Tuvalu?). Nach derer 30.000 auf Bali war mir immerhin vorbereitet – allerdings nicht auf Beträge, die einem signifikanten Anteil des indonesischen Staatshaushalts entsprechen!
Soll heißen: 120.000 Steine hatte mir noch im Geldbeutel, dazu ständig an Wert verlierende US-Währung. Auch damit könne ich zahlen, beruhigt die Schalterine – will allerdings passend 18 Dollar haben. Beim Blick auf meinen Fünfziger sagt mir eine Stimme, dass wir uns auf Konfrontationskurs befinden, und die soll Recht behalten. Obwohl die Kollegin von Malaysia Airlines garantiert schon andere Passagiere um ihr Erspartes gebracht hat, verweigert sie hartnäckig die Wechselgeldherausgabe und legt mir stattdessen den Gang zur Wechselstube nahe...
Widerwillig aber alternativlos erwirbt mir sinnlos Indonesische Rupien, um sie dem Administrativdrachen (an der Stelle Dank an Frau Schaper für diese Wortschöpfung!) in den gierigen Feuerschlund zu schleudern. Bei der Boardingpassübergabe (ein...) fragt mir sicherheitshalber nach, ob es sich bei Reihe Dings und Bums denn auch um die erbetenen Notausstiegsluken handelt. „Oh, you wanted Emergency Exit?“, zeigt man sich jenseits der Schalterbarriere überrascht. Ja, wollte ich. Um präzise zu sein war das das Einzige, was ich erbeten hatte. Kann man bei dem ganzen Trubel ja mal überhören. Statt in Klimawandel gehören die Moneten also eher in Fortbildungsseminare investiert.
Doch zurück nach China. Nach Duisburg zwo ward mir nach sauberer Luft, und die findet man laut Einheimischer Beratschlagung in Chengdu – dort sind die Mädchen sogar berühmt für ihre reine Haut (wegen der Luft). Ich also hin da.
20 Stunden Zugfahrt trotzen mir seit Indien ja auch nicht mehr als ein müdes Gähnen ab, auch wenn Reisezeit und Entfernung in keinem Verhältnis zueinander stehen. Das Tempo der Züge unterscheidet sich hier aber ganz massiv voneinander – und man weiß nie so genau, ob Zug „T“ oder „S“ oder „Dings“ jetzt der schnellere ist...
Whatever, in puncto weiblicher Optik reiht sich Chengdu jedenfalls irgendwo im chinesischen Mittelfeld ein, dafür beherbergt es die größte Pandaaufzuchtsstation (...Wort) des Landes und damit der Welt. Richtig, ich also hin da...
Und was hat der Panda? Wieder richtig, nur Flausen im Kopf! Zumindest wenn er zur weit gefassten Gruppe der Heranwachsenden gehört. Dann nämlich besteht die Hauptaufgabe von „Ailuropoda melanoleuca“ darin, den ganzen Tag Blödsinn zu machen. Soll heißen: Zu zweit versuchen auf einen Baum zu klettern und sich dabei gegenseitig andauernd wieder hinunterzuwerfen, sich gegenseitig von kleinen Hängebrücken schubsen, rollen, plumpsen, gegeneinanderrennen – Unsinn kann so vielfältig sein...
Ansonsten scheint der Panda eher ein evolutionstechnisches Pilotprojekt zu sein. Da läuft in der Entwicklungsphase so ziemlich alles schief, was schief laufen kann: Braucht ewig, bis er (eher SIE) werfen kann (nicht Steine, das können beide nicht), rollig ist ER nur ganz selten (da müssen sich erstmal zwei finden...), Junior hat Streichholzschachtelformat wenn er zur Welt kommt (und das fast immer nur alleine) und dann ist er für ungefähr soundsoviele Monate ein totaler Betreuungsfall. Was für Aussichten...
Aber süüüüß sind die!
Auch beim Thema Tarnung hat das Konzept „Natürliche Auslese“ nicht richtig gegriffen – denn was macht ein schwarz-weißer Fellmops im grünen Wald? Wieder richtig, auffallen wie Bolle! Weil Pandas zudem katastrophal schlechte Autofahrer sind, kein Talent für Fremdsprachen haben und selbst simplere Funktionen zweiten Grades nicht ohne Taschenrechner ableiten können, steht mein Urteil fest: Da hat sich Mutter Natur einen ganz schlechten Scherz erlaubt (suchte vielleicht nur jemanden, der Bambus futtert?)!
Deswegen also muss Homo sapiens in Bresche springen und die Bälger aus dem Wald in die Pandaaufzuchtsstation verlagern, ihnen (so geschehen im Zoo von Bangkok) Pandapornos zeigen, damit sie endlich mal zur Sache kommen und nicht eine Partnerschaft führen, wie nur Loriot sie sich ausdenken kann. Manmanmanman...
Aber süüüüß sind die!
Und machen so viel Blödsinn (auf Video gebannt). Deswegen unterstütze ich die Pandaaufzucht auch (durch den Kauf eines Stoffpandas), selbst wenn der pummelige Schwarz-Weißling ab und an zu Propagandazwecken herhalten muss. Aber zu irgendwas müssen die Biester schließlich gut sein.
Next time: Warum Kleinkinder in China auch im Winter mit blanker Waffe durch den Bus laufen... (vielleicht mit Fotos?)
Soll heißen: 120.000 Steine hatte mir noch im Geldbeutel, dazu ständig an Wert verlierende US-Währung. Auch damit könne ich zahlen, beruhigt die Schalterine – will allerdings passend 18 Dollar haben. Beim Blick auf meinen Fünfziger sagt mir eine Stimme, dass wir uns auf Konfrontationskurs befinden, und die soll Recht behalten. Obwohl die Kollegin von Malaysia Airlines garantiert schon andere Passagiere um ihr Erspartes gebracht hat, verweigert sie hartnäckig die Wechselgeldherausgabe und legt mir stattdessen den Gang zur Wechselstube nahe...
Widerwillig aber alternativlos erwirbt mir sinnlos Indonesische Rupien, um sie dem Administrativdrachen (an der Stelle Dank an Frau Schaper für diese Wortschöpfung!) in den gierigen Feuerschlund zu schleudern. Bei der Boardingpassübergabe (ein...) fragt mir sicherheitshalber nach, ob es sich bei Reihe Dings und Bums denn auch um die erbetenen Notausstiegsluken handelt. „Oh, you wanted Emergency Exit?“, zeigt man sich jenseits der Schalterbarriere überrascht. Ja, wollte ich. Um präzise zu sein war das das Einzige, was ich erbeten hatte. Kann man bei dem ganzen Trubel ja mal überhören. Statt in Klimawandel gehören die Moneten also eher in Fortbildungsseminare investiert.
Doch zurück nach China. Nach Duisburg zwo ward mir nach sauberer Luft, und die findet man laut Einheimischer Beratschlagung in Chengdu – dort sind die Mädchen sogar berühmt für ihre reine Haut (wegen der Luft). Ich also hin da.
20 Stunden Zugfahrt trotzen mir seit Indien ja auch nicht mehr als ein müdes Gähnen ab, auch wenn Reisezeit und Entfernung in keinem Verhältnis zueinander stehen. Das Tempo der Züge unterscheidet sich hier aber ganz massiv voneinander – und man weiß nie so genau, ob Zug „T“ oder „S“ oder „Dings“ jetzt der schnellere ist...
Whatever, in puncto weiblicher Optik reiht sich Chengdu jedenfalls irgendwo im chinesischen Mittelfeld ein, dafür beherbergt es die größte Pandaaufzuchtsstation (...Wort) des Landes und damit der Welt. Richtig, ich also hin da...
Und was hat der Panda? Wieder richtig, nur Flausen im Kopf! Zumindest wenn er zur weit gefassten Gruppe der Heranwachsenden gehört. Dann nämlich besteht die Hauptaufgabe von „Ailuropoda melanoleuca“ darin, den ganzen Tag Blödsinn zu machen. Soll heißen: Zu zweit versuchen auf einen Baum zu klettern und sich dabei gegenseitig andauernd wieder hinunterzuwerfen, sich gegenseitig von kleinen Hängebrücken schubsen, rollen, plumpsen, gegeneinanderrennen – Unsinn kann so vielfältig sein...
Ansonsten scheint der Panda eher ein evolutionstechnisches Pilotprojekt zu sein. Da läuft in der Entwicklungsphase so ziemlich alles schief, was schief laufen kann: Braucht ewig, bis er (eher SIE) werfen kann (nicht Steine, das können beide nicht), rollig ist ER nur ganz selten (da müssen sich erstmal zwei finden...), Junior hat Streichholzschachtelformat wenn er zur Welt kommt (und das fast immer nur alleine) und dann ist er für ungefähr soundsoviele Monate ein totaler Betreuungsfall. Was für Aussichten...
Aber süüüüß sind die!
Auch beim Thema Tarnung hat das Konzept „Natürliche Auslese“ nicht richtig gegriffen – denn was macht ein schwarz-weißer Fellmops im grünen Wald? Wieder richtig, auffallen wie Bolle! Weil Pandas zudem katastrophal schlechte Autofahrer sind, kein Talent für Fremdsprachen haben und selbst simplere Funktionen zweiten Grades nicht ohne Taschenrechner ableiten können, steht mein Urteil fest: Da hat sich Mutter Natur einen ganz schlechten Scherz erlaubt (suchte vielleicht nur jemanden, der Bambus futtert?)!
Deswegen also muss Homo sapiens in Bresche springen und die Bälger aus dem Wald in die Pandaaufzuchtsstation verlagern, ihnen (so geschehen im Zoo von Bangkok) Pandapornos zeigen, damit sie endlich mal zur Sache kommen und nicht eine Partnerschaft führen, wie nur Loriot sie sich ausdenken kann. Manmanmanman...
Aber süüüüß sind die!
Und machen so viel Blödsinn (auf Video gebannt). Deswegen unterstütze ich die Pandaaufzucht auch (durch den Kauf eines Stoffpandas), selbst wenn der pummelige Schwarz-Weißling ab und an zu Propagandazwecken herhalten muss. Aber zu irgendwas müssen die Biester schließlich gut sein.
Next time: Warum Kleinkinder in China auch im Winter mit blanker Waffe durch den Bus laufen... (vielleicht mit Fotos?)
Dienstag, 22. Dezember 2009
Chindonesien
Weiter geht’s mit dem intellektuellen Spagat zwischen China-Aufarbeitung und Gegenwartsbewältigung in den Tropen! Während sich hier (in Ubud (nicht U-Boot, die Zeiten sind vorbei!) auf Bali) das Scheitern des Klimagipfels umgehend bemerkbar macht (Humidität auf Rekordniveau – vielen Dank, Tuvalu! Deine PSKW), feixt der Chinese, dass er so was wie Jahreszeiten hat. „Noch!“, möchte ich ausrufen. Stimmt aber gar nur halb, das mit den kinesischen Klimakillern – die haben nämlich kräftig an der gesetzlichen Stellschraube gedreht und sind in puncto Ökorecht nah an europäischen Standards. Zumindest auf dem Papier (das hat in China grundsätzlich einen roten Stempel zu haben, sonst ist es hier kein Gramm Entenblut wert!), es hapert noch bei der Implementierung.
Genug aber von Weltklima und Schachtelsätzen, es soll weiter aufgearbeitet werden:
Nachdem Shanghai also gefühlt schon in den Fluten versunken ist, gibbet dort auch nicht mehr viel zu holen, also brach sich Weltenbummler Borgmann auf nach Hangzhou. Das, so hat der Chinese (Singularis generalis) qua Befragung geurteilt, sei die lebenswerteste Stadt im Reich der Mitte. Hat auch Charme und vor allem nen großen See am Cityrand, der Erinnerungen an die gute alte Alster aufkommen lässt (die klauen auch alles hier...).
Erkenntnis zudem: Auch der Chinese verkauft (wie der Germane) Zugtickets ohne automatische Platzreservierung (allerdings rechnet der Germane nicht damit). So geschehen, als Bilinguist Borgmann all seinen Mut und seine Chinesischkenntnisse zusammennimmt, um wagemutig am Bahnhof Shanghai Süd seine Fahrkarte gen Hangzhou zu buchen. Die Folge: Während der nächsten 1,5 Stunden wird im Wagon-Zwischenbereich gestanden – unmittelbar neben dem Heißwasserspender, der für das Überleben der reisenden Bevölkerung hier unentbehrlich ist: Die könnte ansonsten nämlich ihre Fertignudelgerichte nicht entdrögen (Riegel Dröge grüßt) und müsste jämmerlich verhungern!
Doch es drängt den Reisenden fort von der kapitalisierten Ostküste. Wuhan soll es sein, wo es auch gleich ein böses Erwachen gibt. Denn meine recht sicher zugesagte Couch entpuppt sich als doch nicht so recht sicher zugesagt, Rückmeldung der Gastgeberin in spe bleibt aus (folgt dann 5 Wochen später – zu spät, munkelt man). Also muss eine Nacht im örtlichen Kongresshotel verbracht werden, was mit 20 Euro pro Nacht finanzierbar erscheint. Trotz luxuriösen Interieurs, Fachsprache Englisch scheint in Wuhan nur bedingt angekommen zu sein. So hilft Langenscheidts „Picture Talk“ auch an der Hotelrezeption und mit umgeschriebenem Notizzettel aus Hangzhou bewaffnet gelingt sogar der Fahrkartenkauf für den nächsten Tag.
Zuvor ist allerdings ein Besuch des „Gelben Kranichturms“ obligatorisch – taucht sich immerhin sogar in taiwanesischen Schulbüchern auf! Dabei deutet sich auch schnell an, warum Wuhan und Duisburg Partnerstädte sind: Der Charme von Industriefluss und Schwermetall liegt über allem, fehlt nur ein mittelklassiger Fußballverein. Auch der geplante Blick vom obersten Stockwerk des Kranich-Getürms auf das gegenüberliegende Flussufer gestaltet sich problematisch. Smog ist das Stichwort, auch weil Wuhan – in bester chinesischer Großstadttradition – gerade mal wieder baut (Hochbahn). Die bauen hier immer und überall irgendwas!
Doch ohne adäquate Unterkunft macht das Städtehopping auch wenig Sinn. Am Nachmittag vor der Abfahrt lerne ich zumindest noch von Couchsurferin Lei (couchlos, bot aber Kaffeetreffen an) im örtlichen Museum für Geschichtsumschreibung (nein, so schlimm ist es nun auch nicht, nur der zarte Unterton der Teilzeitpropaganda klingt allenthalben durch) ein wenig über die Stadthistorie. So war Kollege Mao ein großer Wuhan-Fan (ehedem ein Praktikum in Duisburg), schwamm begeistert durch den gelben Fluss (was sein hohes Alter von 82 Jahren beim Ableben mysteriös erscheinen lässt) und wollte seine kommunale Badeanstalt Gerüchten zufolge auch zur Hauptstadt machen – scheiterte damit aber offenkundig (und vermutlich am Ministerium für (gegen?) eklatante Geschmacksverirrungen).
Abschließend hervorzuheben: In 2 Tagen Wuhan ist mir nicht ein einziger Europäer begegnet – und spätestens jetzt dürfte klar sein, warum Duisburg die Partnerstadt ist...
P.S.
Fotos dauern noch ein wenig...
Genug aber von Weltklima und Schachtelsätzen, es soll weiter aufgearbeitet werden:
Nachdem Shanghai also gefühlt schon in den Fluten versunken ist, gibbet dort auch nicht mehr viel zu holen, also brach sich Weltenbummler Borgmann auf nach Hangzhou. Das, so hat der Chinese (Singularis generalis) qua Befragung geurteilt, sei die lebenswerteste Stadt im Reich der Mitte. Hat auch Charme und vor allem nen großen See am Cityrand, der Erinnerungen an die gute alte Alster aufkommen lässt (die klauen auch alles hier...).
Erkenntnis zudem: Auch der Chinese verkauft (wie der Germane) Zugtickets ohne automatische Platzreservierung (allerdings rechnet der Germane nicht damit). So geschehen, als Bilinguist Borgmann all seinen Mut und seine Chinesischkenntnisse zusammennimmt, um wagemutig am Bahnhof Shanghai Süd seine Fahrkarte gen Hangzhou zu buchen. Die Folge: Während der nächsten 1,5 Stunden wird im Wagon-Zwischenbereich gestanden – unmittelbar neben dem Heißwasserspender, der für das Überleben der reisenden Bevölkerung hier unentbehrlich ist: Die könnte ansonsten nämlich ihre Fertignudelgerichte nicht entdrögen (Riegel Dröge grüßt) und müsste jämmerlich verhungern!
Doch es drängt den Reisenden fort von der kapitalisierten Ostküste. Wuhan soll es sein, wo es auch gleich ein böses Erwachen gibt. Denn meine recht sicher zugesagte Couch entpuppt sich als doch nicht so recht sicher zugesagt, Rückmeldung der Gastgeberin in spe bleibt aus (folgt dann 5 Wochen später – zu spät, munkelt man). Also muss eine Nacht im örtlichen Kongresshotel verbracht werden, was mit 20 Euro pro Nacht finanzierbar erscheint. Trotz luxuriösen Interieurs, Fachsprache Englisch scheint in Wuhan nur bedingt angekommen zu sein. So hilft Langenscheidts „Picture Talk“ auch an der Hotelrezeption und mit umgeschriebenem Notizzettel aus Hangzhou bewaffnet gelingt sogar der Fahrkartenkauf für den nächsten Tag.
Zuvor ist allerdings ein Besuch des „Gelben Kranichturms“ obligatorisch – taucht sich immerhin sogar in taiwanesischen Schulbüchern auf! Dabei deutet sich auch schnell an, warum Wuhan und Duisburg Partnerstädte sind: Der Charme von Industriefluss und Schwermetall liegt über allem, fehlt nur ein mittelklassiger Fußballverein. Auch der geplante Blick vom obersten Stockwerk des Kranich-Getürms auf das gegenüberliegende Flussufer gestaltet sich problematisch. Smog ist das Stichwort, auch weil Wuhan – in bester chinesischer Großstadttradition – gerade mal wieder baut (Hochbahn). Die bauen hier immer und überall irgendwas!
Doch ohne adäquate Unterkunft macht das Städtehopping auch wenig Sinn. Am Nachmittag vor der Abfahrt lerne ich zumindest noch von Couchsurferin Lei (couchlos, bot aber Kaffeetreffen an) im örtlichen Museum für Geschichtsumschreibung (nein, so schlimm ist es nun auch nicht, nur der zarte Unterton der Teilzeitpropaganda klingt allenthalben durch) ein wenig über die Stadthistorie. So war Kollege Mao ein großer Wuhan-Fan (ehedem ein Praktikum in Duisburg), schwamm begeistert durch den gelben Fluss (was sein hohes Alter von 82 Jahren beim Ableben mysteriös erscheinen lässt) und wollte seine kommunale Badeanstalt Gerüchten zufolge auch zur Hauptstadt machen – scheiterte damit aber offenkundig (und vermutlich am Ministerium für (gegen?) eklatante Geschmacksverirrungen).
Abschließend hervorzuheben: In 2 Tagen Wuhan ist mir nicht ein einziger Europäer begegnet – und spätestens jetzt dürfte klar sein, warum Duisburg die Partnerstadt ist...
P.S.
Fotos dauern noch ein wenig...
Dienstag, 15. Dezember 2009
Borgmanns Block
Panik macht sich breit bei den Verantwortlichen im chinesischen Ministerium für Informationskontrolle in Peking. Grund. Die Ankunft des Stadtbekannten Aufrührers Borg Blog Mann steht bevor und der hat fernmündlich parlierend bereits verkündet, schreibender Weise den Staatsstreich herbeizuführen.
Klarer Fall: Dem Mann muss das unlautere Handwerk gelegt werden, wenn der Fortbestand des großchinesischen Reichs auf dem Spiel steht. Im Land der Great Firewall ein verhältnismäßig simples Unterfangen: Neben Youtube, Facebook und diversen anderen Seiten, wandert auch Blogspot.com auf die rotchinesische schwarze Liste.
Sämtliche Besorgnis nach Verbleib und Gesundheit war also unbegründet, Mao Junior sperrte mir lediglich den Blogzugang.
Doch damit ist es nun vorbei! Zurück in demokratischen Gefilden (Indonesien nennt sich das hier gerade) kann auch öffnen sich auch wieder Tür und Tor, um investigativ Blödsinn zu verbreiten. Fangen wir also gleich damit an:
Shanghai versinkt demnächst im Meer. Erst Recht, wenn die Hamburger PSKW (Partei für Standortsicherung und Klimawandel) bei der nächsten Bürgerschaftswahl die Fünfprozenthürde (ein Wort!) überspringt und ihr Wahlversprechen (den Ausstoß von Autoabgasen durch staatlich subventionierten Kraftstoffverkauf so lange in die Höhe zu treiben, bis Rotterdam knietief unter Wasser steht) ein lösen kann. Dann nämlich steht dort nicht mehr das Geld sondern auch das Wasser bis zum Hals.
Das sollte (vielleicht abgesehen von den paar Millionen Shanghainesen) aber keine zu tiefe Trauer auslösen – schön ist das da nämlich nicht gerade. Vielleicht kann die Operation „Atlantis“ für das chinesische Kapitalismus-Labor sogar gewinnbringend enden, denn komplett geflutet könnte die beängstigende Hochhausdichte einen gewissen Charme entwickeln. Das aber nur mal als Ansatz.
Vermissen könnte man eine recht lebendige Partyszene, die bei fachgerechter Anwendung (entsprechende Couchsurfingkontakte) schnell dazu führt, dass der ungeübte Weltenbummler nach seiner Ankunft am Freitagabend die Sonne erstmals zu Wochenbeginn zu Gesicht bekommt...
Der Montag eignet sich zudem hervorragend zum Hosenkauf, denn trotz aller guten Vorsätze wurde vom Erwerb einer Jeans in Taiwan abgesehen. „Das ist in China alles noch mal um die Hälfte billiger“, so das sachlich richtige Argument der indigenen Bevölkerung. Die ahnt allerdings nichts von Shanghais klirrender Kälte und dem anstehenden Partymarathon. So wird das erste Wochenende in China Mainland bei 6 Grad, Wind und Regen mit Shorts bestritten – was aber gerade bei den Abendveranstaltungen zu gesteigerter Aufmerksamkeit führt („Das trägt man in Hamburg jetzt so!“).
Zu Wochenbeginn ist dann aber der Beinkleiderwerb unerlässlich (mir friert...). Ortsunkundig werde ich zum „Fakemarket“ entsandt, dort könne ich preisgünstig fündig werden, müsse allerdings handeln. Dazu war ich ja in Türkei, Ägypten und Indien auf Fortbildungsseminar, habe mit Taxifahrern in Delhi um Pfennigbeträge gefeilscht (aus Prinzip) und bin doch überrascht vom Humorpotential des chinesischen Hosenhändlers: 460 Yuan (46 Euro) fordert der Mann dreist und ohne rot zu werden von mir für eine nicht echte Diesel Jeans.
Ihm beliebe wohl zu scherzen, denkt sich mir und eröffne konsequent mit 30 Yuan. Borgmanns Humoroffensive zeigt Wirkung: Ho Se macht bei 230 weiter – jetzt können wir uns unterhalten. Am Ende stehen 90 Yuan auf dem Taschenrechner (kein Freund großer Worte, der Mann) und mir ist zufrieden. Ich hätte le pantallon auch für 60 bis 70 bekommen können, muss ich mir später daheim anhören, kann mit 9 Euronen für eine Vierwochenjeans (ein Wort!!) aber gut leben. Später werden Mütze (von 25 auf 15 Yuan), Schal (von 58 auf 20) und Handschuhe (10, da hätte ich nicht ohne schlechtes Gewissen handeln können) erworben.
All das lagert seit einigen Stunden in Jakarta und wird demnächst seinen Weg nach Europa antreten, damit der eine oder andere indonesische Couchsurfer auf seiner Reise zu den alten Kolonialherren nicht frieren muss. Hier bei 32 Grad und Luftfeuchtigkeit im hohen dreistelligen Bereich ist solch Utensil nur hinderlich und macht den Rucksack schwer!
P.S. Demnaechst auch mal wieder mit Fotos...
Klarer Fall: Dem Mann muss das unlautere Handwerk gelegt werden, wenn der Fortbestand des großchinesischen Reichs auf dem Spiel steht. Im Land der Great Firewall ein verhältnismäßig simples Unterfangen: Neben Youtube, Facebook und diversen anderen Seiten, wandert auch Blogspot.com auf die rotchinesische schwarze Liste.
Sämtliche Besorgnis nach Verbleib und Gesundheit war also unbegründet, Mao Junior sperrte mir lediglich den Blogzugang.
Doch damit ist es nun vorbei! Zurück in demokratischen Gefilden (Indonesien nennt sich das hier gerade) kann auch öffnen sich auch wieder Tür und Tor, um investigativ Blödsinn zu verbreiten. Fangen wir also gleich damit an:
Shanghai versinkt demnächst im Meer. Erst Recht, wenn die Hamburger PSKW (Partei für Standortsicherung und Klimawandel) bei der nächsten Bürgerschaftswahl die Fünfprozenthürde (ein Wort!) überspringt und ihr Wahlversprechen (den Ausstoß von Autoabgasen durch staatlich subventionierten Kraftstoffverkauf so lange in die Höhe zu treiben, bis Rotterdam knietief unter Wasser steht) ein lösen kann. Dann nämlich steht dort nicht mehr das Geld sondern auch das Wasser bis zum Hals.
Das sollte (vielleicht abgesehen von den paar Millionen Shanghainesen) aber keine zu tiefe Trauer auslösen – schön ist das da nämlich nicht gerade. Vielleicht kann die Operation „Atlantis“ für das chinesische Kapitalismus-Labor sogar gewinnbringend enden, denn komplett geflutet könnte die beängstigende Hochhausdichte einen gewissen Charme entwickeln. Das aber nur mal als Ansatz.
Vermissen könnte man eine recht lebendige Partyszene, die bei fachgerechter Anwendung (entsprechende Couchsurfingkontakte) schnell dazu führt, dass der ungeübte Weltenbummler nach seiner Ankunft am Freitagabend die Sonne erstmals zu Wochenbeginn zu Gesicht bekommt...
Der Montag eignet sich zudem hervorragend zum Hosenkauf, denn trotz aller guten Vorsätze wurde vom Erwerb einer Jeans in Taiwan abgesehen. „Das ist in China alles noch mal um die Hälfte billiger“, so das sachlich richtige Argument der indigenen Bevölkerung. Die ahnt allerdings nichts von Shanghais klirrender Kälte und dem anstehenden Partymarathon. So wird das erste Wochenende in China Mainland bei 6 Grad, Wind und Regen mit Shorts bestritten – was aber gerade bei den Abendveranstaltungen zu gesteigerter Aufmerksamkeit führt („Das trägt man in Hamburg jetzt so!“).
Zu Wochenbeginn ist dann aber der Beinkleiderwerb unerlässlich (mir friert...). Ortsunkundig werde ich zum „Fakemarket“ entsandt, dort könne ich preisgünstig fündig werden, müsse allerdings handeln. Dazu war ich ja in Türkei, Ägypten und Indien auf Fortbildungsseminar, habe mit Taxifahrern in Delhi um Pfennigbeträge gefeilscht (aus Prinzip) und bin doch überrascht vom Humorpotential des chinesischen Hosenhändlers: 460 Yuan (46 Euro) fordert der Mann dreist und ohne rot zu werden von mir für eine nicht echte Diesel Jeans.
Ihm beliebe wohl zu scherzen, denkt sich mir und eröffne konsequent mit 30 Yuan. Borgmanns Humoroffensive zeigt Wirkung: Ho Se macht bei 230 weiter – jetzt können wir uns unterhalten. Am Ende stehen 90 Yuan auf dem Taschenrechner (kein Freund großer Worte, der Mann) und mir ist zufrieden. Ich hätte le pantallon auch für 60 bis 70 bekommen können, muss ich mir später daheim anhören, kann mit 9 Euronen für eine Vierwochenjeans (ein Wort!!) aber gut leben. Später werden Mütze (von 25 auf 15 Yuan), Schal (von 58 auf 20) und Handschuhe (10, da hätte ich nicht ohne schlechtes Gewissen handeln können) erworben.
All das lagert seit einigen Stunden in Jakarta und wird demnächst seinen Weg nach Europa antreten, damit der eine oder andere indonesische Couchsurfer auf seiner Reise zu den alten Kolonialherren nicht frieren muss. Hier bei 32 Grad und Luftfeuchtigkeit im hohen dreistelligen Bereich ist solch Utensil nur hinderlich und macht den Rucksack schwer!
P.S. Demnaechst auch mal wieder mit Fotos...
Montag, 9. November 2009
Taiwarm?
„Do you mind a hug?“
Halt, Stop, Schluss – jetzt geht’s zu weit! Ortszeit 3.40 Uhr liege im Bett in einem taiwanesischen Nest in der Nähe von Hsinchu (fünftgrößte Stadt), habe 95 Prozent der Decke an meinen Couchsurfer Cheng-Han abgetreten und der fragt nun nach mehr körperlicher Nähe.
Die letzten 47 Minuten habe ich damit verbracht, dem 23-jährigen extrem schmächtigen, wahnsinnig schulen und arg liebeskummernden Taiwanesen verbal Trost zu spenden, nachdem dessen Freund tags zuvor Schluss gemacht hat (bevorstehender Auslandsaufenthalt und so). Trost und platonischer Beistand auch außerhalb der Geschäftszeiten werden ohne Murren gewährt, aber nach Kuschelei ist mir nun wirklich nicht!
Taiwan offenbart sich mir in den ersten Tagen als reichlich homophiles Eiland. Gastgeber Nummer 1 in Taipeh (Quincy) outete schon im Telefonat (zwecks Wegbeschreibung für den Unterkunftswechsel) mit Nachfolger Cheng-Han sich selbst und den Jungspund: Seiner Stimme nach zu urteilen sei der auch (!) schwul.
Nun denn, denkt man sich weltbewandert, das ist ja nichts ganz Neues auf dieser Tour. Schon in Mumbai konnte mir Kurien aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz berichten, was es bedeute, in Indien schwul zu sein (hochinteressant!). Sollte also auch hier kein Problem darstellen. Auch auf die Frage „Why did you pick me?“ verbunden mit latent auffordernder Körpersprache lässt sich stets unverfänglich antworten.
Nun aber wimmert es links neben mir in der Koje. Medium begeistert habe ich nach Tröstungsarie schon zugestimmt, dass der Bengel mit im bett schlafen darf, sonst pennt er nämlich nebenan, aber dem nun angemeldete Schmusebedarf muss nachdrücklich entgegengetreten werden. Minutenlanges Entschuldigen von Backbord ist die Folge und sorgt auch nicht gerade dafür, dass ich schneller einschlafen kann...
Doch schon frühzeitig waren hier Kräfte am Werk, um meinen Eindruck zu erhärten (Obacht, Wortspiel), der Taiwanese als solcher sei grundsätzlich und nicht nur aus chinesischer Festlandsperspektive vom anderen Ufer. Zwar schwer nachvollziehbar bei dem Kleidungsstil des ansässigen Jungweibsvolks - der lässt eher Pädophilie befürchten. Aber vielleicht soll die Flucht in die Homosexualität ja nur diesem Trieb zuvorkommen? Man weiß es nicht...
Wer auch immer (Derdaoben?) lenkt mich Unwissenden zumindest gleich beim erstabendlichen Erkundungsfeldzug durch Taipei-City durch den größten städtischen Schwulentreff („228 Peace Park“) – in Sichtweite des schmucken Präsidentenbüros. Ein Schelm, wer ..., aber lassen wir das!
Gewissheit, warum hier scheinbar einsame Herren gemischten Alters nicht nur auf Parkbänken herumlungern, sondern auch Rutsche und Schaukel des Spielplatzes okkupiert haben, erhalte ich noch am selben Abend. In der Folge muss umgehend und heftigst dementiert werden, dass ich den Park aus leicht nachvollziehbaren Gründen des Zeitvertreibs aufgesucht hätte. Ab und an ein Bisschen anstrengend...
Nächste Station (Kaohsiung) ist allerdings bei weiblicher Herbergsmutter, die mit ihrem Freund zusammen wohnt, das sollte dann hoffentlich glatt gehen.
Halt, Stop, Schluss – jetzt geht’s zu weit! Ortszeit 3.40 Uhr liege im Bett in einem taiwanesischen Nest in der Nähe von Hsinchu (fünftgrößte Stadt), habe 95 Prozent der Decke an meinen Couchsurfer Cheng-Han abgetreten und der fragt nun nach mehr körperlicher Nähe.
Die letzten 47 Minuten habe ich damit verbracht, dem 23-jährigen extrem schmächtigen, wahnsinnig schulen und arg liebeskummernden Taiwanesen verbal Trost zu spenden, nachdem dessen Freund tags zuvor Schluss gemacht hat (bevorstehender Auslandsaufenthalt und so). Trost und platonischer Beistand auch außerhalb der Geschäftszeiten werden ohne Murren gewährt, aber nach Kuschelei ist mir nun wirklich nicht!
Taiwan offenbart sich mir in den ersten Tagen als reichlich homophiles Eiland. Gastgeber Nummer 1 in Taipeh (Quincy) outete schon im Telefonat (zwecks Wegbeschreibung für den Unterkunftswechsel) mit Nachfolger Cheng-Han sich selbst und den Jungspund: Seiner Stimme nach zu urteilen sei der auch (!) schwul.
Nun denn, denkt man sich weltbewandert, das ist ja nichts ganz Neues auf dieser Tour. Schon in Mumbai konnte mir Kurien aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz berichten, was es bedeute, in Indien schwul zu sein (hochinteressant!). Sollte also auch hier kein Problem darstellen. Auch auf die Frage „Why did you pick me?“ verbunden mit latent auffordernder Körpersprache lässt sich stets unverfänglich antworten.
Nun aber wimmert es links neben mir in der Koje. Medium begeistert habe ich nach Tröstungsarie schon zugestimmt, dass der Bengel mit im bett schlafen darf, sonst pennt er nämlich nebenan, aber dem nun angemeldete Schmusebedarf muss nachdrücklich entgegengetreten werden. Minutenlanges Entschuldigen von Backbord ist die Folge und sorgt auch nicht gerade dafür, dass ich schneller einschlafen kann...
Doch schon frühzeitig waren hier Kräfte am Werk, um meinen Eindruck zu erhärten (Obacht, Wortspiel), der Taiwanese als solcher sei grundsätzlich und nicht nur aus chinesischer Festlandsperspektive vom anderen Ufer. Zwar schwer nachvollziehbar bei dem Kleidungsstil des ansässigen Jungweibsvolks - der lässt eher Pädophilie befürchten. Aber vielleicht soll die Flucht in die Homosexualität ja nur diesem Trieb zuvorkommen? Man weiß es nicht...
Wer auch immer (Derdaoben?) lenkt mich Unwissenden zumindest gleich beim erstabendlichen Erkundungsfeldzug durch Taipei-City durch den größten städtischen Schwulentreff („228 Peace Park“) – in Sichtweite des schmucken Präsidentenbüros. Ein Schelm, wer ..., aber lassen wir das!
Gewissheit, warum hier scheinbar einsame Herren gemischten Alters nicht nur auf Parkbänken herumlungern, sondern auch Rutsche und Schaukel des Spielplatzes okkupiert haben, erhalte ich noch am selben Abend. In der Folge muss umgehend und heftigst dementiert werden, dass ich den Park aus leicht nachvollziehbaren Gründen des Zeitvertreibs aufgesucht hätte. Ab und an ein Bisschen anstrengend...
Nächste Station (Kaohsiung) ist allerdings bei weiblicher Herbergsmutter, die mit ihrem Freund zusammen wohnt, das sollte dann hoffentlich glatt gehen.
Freitag, 6. November 2009
Der Preis hält heiß
Jener Meinung schließt sich Weltenbummler Borgmann aus tiefer Verbundenheit natürlich unumwunden an, als er in des Subkontinents Süden (Bangalore) Hoheneichens ehemaligen indischen Hockeygott Vickram „Vickey“ Kanth wiedertrifft (vorne links, er lässt grüßen!). Der ist mittlerweile fast 25, hat einen Hals auf den Nationaltrainer, eine tragende Rolle in einem der indischen Topteams und ist wie alle Inder ein sensationeller Gastgeber – da kommt ganz schnell ein schlechtes Gewissen auf, dass wir uns damals nicht mehr um die beiden Jungs gekümmert haben...
„Stürmer?? Ist das Spiel wichtig?“ „Ja, einen Nationaltorhüter haben wir schon. Ist ziemlich wichtig, ist das Halbfinale um die regionale Meisterschaft (Ebene: Bundesland).“ *Schluck* „Okeee…?!?“
Drei Minuten später heizt Vickeys Roller durch Bangalore, damit ich, latent zitternd, Sportsachen und Kontaktlinsen aus der Wohnung meines örtlichen Couchsurfers (= Obdachgeber) Kaushal abholen und zwei Stunden später der Mannschaft von Canara Bank vorgestellt werden kann. Vickeys alte Truppe, turniereigener Rekordchampion, stattet mich schnell mit Trikot, Stutzen und Schläger aus, doch während ich gedanklich schon den Torjubel nach entscheidendem 3:2 übe, fängt es zum Ende von Halbfinale eins an zu schütten – Indien halt. Der Grand(!)platz ist binnen Sekunden geflutet („Swimmingpool“) und umgehend wird unsere Partie verlegt. Auf den nächsten Morgen um 7.30 Uhr!
Das steigt dank Regenpause noch am selben Abend und ist lokales Highlight: 600 Zuschauer, eine Blaskapelle und die versammelte Prominenz des regionalen Dachverbands sind verblüffte Zeugen, als Team Canara Bank die im Semifinale geschonte „German Wunderwaffe“ in die starting eleven beruft. Meinereiner ist ähnlich überrascht, verspricht jedoch, als Flügelstürmer (links) im Prestigeduell keinen Millimeter Grand(!!)boden preiszugeben.
Sieben Minuten und zwei Ballkontakte später (kein gravierender Fehler, ein nicht entscheidender Block: hoch, abgepfiffen, Todesmut bewiesen) dann folgenschwerer Szene: Borgmann wird zurück an Canaras Bankschalter beordert und das Spiel in der Folge 0:1 verloren. Grmpf! Highlight jedoch zwischendrin: pompöse Teamvorstellung in der Halbzeitpause (Blaskapelle) – „Number 13 ... Mäx“.
Dienstag, 27. Oktober 2009
Hygiene II
Erste Erfahrungen mit der rein manuellen Spurenbeseitigung sind gemacht, weiter geht es auf der Reise in den Nahen Osten. Ägypten und Dubai warten, bevor es auf indische Toiletten geht. Teil II der Hygiene-Saga.
Ägypten
Ja nun. Wo Flöhe im Teppich sind, da kann es mit der Fäkalinfrastruktur nicht weit her sein. Doch weil der Sanitärbereich nicht in meiner Bruchbude sondern im ersten Stock in den elterlichen vier Wänden untergebracht ist – wenn man muss, dann muss halt geklopft / geklingelt werden – ist alles nicht so wild, sogar europäische Sitzmöglichkeit! Geschicktes Timing ermöglicht die Kombination von langen Sitzungen mit anschließender Duschnutzung, so dass sich das Problem der Spurbeseitigung kaum stellt. Im großen Museum wird auch Papier gereicht, allerdings streng rationiert, so dass es größerer Überredungskunst beim Papierreicher bedarf, um sich mit kompletter Rolle auf der Schüssel einzuschließen. Sparsamer Blick dann beim Bediensteten, als trotz ungewohnt großzügiger Papierspende das Trinkgeld ausbleibt – aber eben darum bittet die Geschäftsführung ausdrücklich auf gesonderter Beschilderung. Papier gibt’s auch in der einen Nacht in Luxor (und damit vorsichtshalber der rucksackinterne Vorrat aufgestockt). Die Benutzung des Zugklos kann dagegen nur in Ausnahmefällen empfohlen werden...
Dubai
Wer Weltrekorde sammelt und Europäer anlockt, der kann natürlich nicht an der Sanitärfront versagen. Entsprechend gestalten sich die öffentlichen Örtchen, bei Chetan in der Bude fehlt zwar die Rektaldüse, dafür erfüllt neben dem Lokus ein klassisches Bidet denselben Zweck. Premiere dabei: Erstmals in knapp 28 Jahre wird selbiges von meiner einer in seiner ihm ursprünglich zugeschriebenen Funktion verwendet!
Indien
So, da wären wir also. Fünf Wochen, rund zehn private, dazu ungezählte öffentliche Klos – vom Sikhtempel bis KFC. Dabei lässt sich nur schlecht verallgemeinern. Grundsätzlich aber ist an baulichem und hygienischem Zustand nichts auszusetzen, auch der erwartete Papiermangel lässt sich bei Weitem nicht überall belegen.
Festhalten lässt sich allerdings: Die frei schwingende Rektaldüse gehört bei jedem european style Klo zur Grundausstattung, Papier findet sich regelmäßig. Häufig reicht die einmalige Verwendung des Zellstoffs aus, um sich der kompletten Spurenverwischung qua Hochdruckreinigung zu vergewissern, nur in Ausnahmefällen muss ein zweites Mal gespült werden. Dabei ist zu beachten, dass obwohl das singuläre Wischen mehr der Absicherung denn der Reinigung dient, Mehrlagigkeit dringend empfohlen wird, weil Überreste der Wasserspülung sonst schlicht den Rudimenteindikator („Papier“) aufweichen und es zum Faserriss kommen kann!
Außerhalb großstädtischer Agglomerationen ist Papier dagegen durchaus als knappes Gut anzusehen. Schon im Hause von Sunnys Familie (Foto oben) stehen nur Hahn und Eimer zur Verfügung, ähnlich verhält es sich in der kleinen Herberge in Rangers in der Mitte zwischen Puri und Konark an der Ostküste (zweites Foto). In beiden Fällen wird papierfrei operiert, was mittlerweile seine abschreckende Wirkung verloren hat.
Lästig ist einzig die Tatsache, dass trotz allgemein guter Verträglichkeit der indischen Küche (Gewürze, Schärfe, etc.) ab und an die Realität nicht mit den eigenen Ansprüchen an gewisse Konsistenzen mithalten kann. Da in solchen Fällen erfahrungsgemäß mehr Spuren zu beseitigen sind als üblicherweise, wird das Papier doch vermisst.
Unangefochtener Höhepunkt (bislang) aber definitiv ein leichter Anfall von „Flotter Otto“ um ca. 3:45h nachts auf der 30-stündigen (!) Zugfahrt von Bhubaneshwar nach Bangalore (ca. 1500 km) und die damit erzwungene zeitintensive Nutzung des Zugklos (unteres Bild). Da kann ein funktionierender Seifenspender doch wahre Glücksgefühle auslösen...
Allerdings ist anzumerken: Der gefühlte Sauberkeitsgrad nach Reinigung mit der Hand-und-Wasser-Methode ist deutlich höher anzusiedeln als nach konventioneller Behandlung! Auch wird aus leicht ersichtlichen Gründen das Risiko des gefürchteten „Wundwischens“ (gerade bei mangelnder Fäkalkonsistenz!) durch gehäufte Benutzung qualitativ fragwürdigen Zellstoffs minimiert. Mein Fazit nach sechs Ländern: Zurück in der Heimat brauche ich unbedingt die frei schwingende Rektalbrause – ein völlig neues Gefühl der Sauberkeit! Und im Notfall geht es auch ganz ohne Papier erstaunlich gut.
Ägypten
Ja nun. Wo Flöhe im Teppich sind, da kann es mit der Fäkalinfrastruktur nicht weit her sein. Doch weil der Sanitärbereich nicht in meiner Bruchbude sondern im ersten Stock in den elterlichen vier Wänden untergebracht ist – wenn man muss, dann muss halt geklopft / geklingelt werden – ist alles nicht so wild, sogar europäische Sitzmöglichkeit! Geschicktes Timing ermöglicht die Kombination von langen Sitzungen mit anschließender Duschnutzung, so dass sich das Problem der Spurbeseitigung kaum stellt. Im großen Museum wird auch Papier gereicht, allerdings streng rationiert, so dass es größerer Überredungskunst beim Papierreicher bedarf, um sich mit kompletter Rolle auf der Schüssel einzuschließen. Sparsamer Blick dann beim Bediensteten, als trotz ungewohnt großzügiger Papierspende das Trinkgeld ausbleibt – aber eben darum bittet die Geschäftsführung ausdrücklich auf gesonderter Beschilderung. Papier gibt’s auch in der einen Nacht in Luxor (und damit vorsichtshalber der rucksackinterne Vorrat aufgestockt). Die Benutzung des Zugklos kann dagegen nur in Ausnahmefällen empfohlen werden...
Dubai
Wer Weltrekorde sammelt und Europäer anlockt, der kann natürlich nicht an der Sanitärfront versagen. Entsprechend gestalten sich die öffentlichen Örtchen, bei Chetan in der Bude fehlt zwar die Rektaldüse, dafür erfüllt neben dem Lokus ein klassisches Bidet denselben Zweck. Premiere dabei: Erstmals in knapp 28 Jahre wird selbiges von meiner einer in seiner ihm ursprünglich zugeschriebenen Funktion verwendet!
Indien
Festhalten lässt sich allerdings: Die frei schwingende Rektaldüse gehört bei jedem european style Klo zur Grundausstattung, Papier findet sich regelmäßig. Häufig reicht die einmalige Verwendung des Zellstoffs aus, um sich der kompletten Spurenverwischung qua Hochdruckreinigung zu vergewissern, nur in Ausnahmefällen muss ein zweites Mal gespült werden. Dabei ist zu beachten, dass obwohl das singuläre Wischen mehr der Absicherung denn der Reinigung dient, Mehrlagigkeit dringend empfohlen wird, weil Überreste der Wasserspülung sonst schlicht den Rudimenteindikator („Papier“) aufweichen und es zum Faserriss kommen kann!
Lästig ist einzig die Tatsache, dass trotz allgemein guter Verträglichkeit der indischen Küche (Gewürze, Schärfe, etc.) ab und an die Realität nicht mit den eigenen Ansprüchen an gewisse Konsistenzen mithalten kann. Da in solchen Fällen erfahrungsgemäß mehr Spuren zu beseitigen sind als üblicherweise, wird das Papier doch vermisst.
Allerdings ist anzumerken: Der gefühlte Sauberkeitsgrad nach Reinigung mit der Hand-und-Wasser-Methode ist deutlich höher anzusiedeln als nach konventioneller Behandlung! Auch wird aus leicht ersichtlichen Gründen das Risiko des gefürchteten „Wundwischens“ (gerade bei mangelnder Fäkalkonsistenz!) durch gehäufte Benutzung qualitativ fragwürdigen Zellstoffs minimiert. Mein Fazit nach sechs Ländern: Zurück in der Heimat brauche ich unbedingt die frei schwingende Rektalbrause – ein völlig neues Gefühl der Sauberkeit! Und im Notfall geht es auch ganz ohne Papier erstaunlich gut.
Hygiene I
Nach fünf Wochen Indien sowie ähnlich langem Aufenthalt im (semi-)arabischen Raum plus Russland scheint die Zeit gekommen für ein kleines Zwischenfazit in Sachen Hygiene aus geographischer Perspektive und mit einem besonderen Fokus auf der Absolvierung des Stuhlgangs. Wer zart besaitet oder gerade auf dem Weg zu Speis und Trank, der könnte an dieser Stelle innehalten, bzw. sich auf eine spätere Lektüre vertagen. Teil I einer schonungslosen Aufklärungsreportage (mit Fotos).
Russland
Unspektakulärer bis ernüchternder Beginn in Moskau: Premierencouchsurfer Georgy hat Bad und Klo komplett von Bosch ausstatten lassen, einzig die Spülkraft in der Schüssel lässt ein wenig zu wünschen übrig, führt aber nicht zu größeren Problemen. Lediglich die Papierdosierung vor der Erstspülung muss bedacht werden. Ähnlich – wenn auch nicht mit Bosch – sieht da Bild bei Marina und Tim aus, zudem bieten McD und Co. sehr einladende Infrastruktur, Papier ist üblicherweise in ausreichenden Mengen vorhanden.
Kleine Ausnahme in St. Petersburg: Bei Renat in der 4er-WG scheint die Putzdienstübersichtstafel verloren gegangen zu sein (ich selber besitze leider keine WG-Erfahrung, kenne das Problem daher nur aus Erzählungen), was der Toilette einen gewissen Touch purer Funktionalität gibt (Foto). Grundsätzlich zeigt sich der Trend, dass Klo und Bad räumlich voneinander getrennt sind – das erleichtert morgentliche Abläufe und verhindert Koordinationsschwierigkeiten, guter Ansatz!
Türkei
Zu bemängelnder Wasserdruck ist das einzige Manko, was auch in Istanbul auf der Liste steht. Ansonsten sind die Armaturen im einwandfreien Zustand, die russische räumliche Trennung zwischen Klo und Bad ist jedoch überwiegend aufgehoben. Neu ist dafür die Installation einer nach schräg aufwärts gerichteten Düse am hinteren Schüsselrand knapp unterhalb der Brille. Diese wird separat aktiviert und unterstützt qua Wasserstrahl die Afterreinigung erheblich. Strahlkrümmung, bzw. -intensität können dabei meist manuell reguliert werden. Gute Erfindung!
Wirklich Neues gibt es aber im Nordwesten Anatoliens zu bestaunen: Die Symbiose aus Klo und Dusche (Do? Klusche?) – Loch im Boden, Düse in der Wand. Südfrankreichurlauber kennen zumindest das Prinzip des Lochs im Boden von dortigen kommunalen Campingplätzen. Die Ergänzung um eine Duschbrause in angemessener Höhe ist nur konsequent um der räumlichen Enge und steigender Baulandpreise in Alt Safranbolu Rechnung zu tragen... Klopapier ist aber – wenn auch in abnehmender Qualität – nach wie vor vorhanden.
Während sich Ankara mit Istanbul vergleichbar präsentiert, gibt es im Südosten echte Veränderungen: In Malatya verfügt Ahmet (mit "t") über das selbe Zwei-in-Eins-Sytem aus Klo und Dusche, wobei des Reisenden Taschentuchvorrat angebrochen werden muss, um in traditioneller Weise Spurenverwischung zu betreiben (traditionell werden hier Eimer und separater Wasserhahn verwendet). Zudem ist die häusliche Wasserzufuhr ab und an unterbrochen, was zu Problemen bei Papier- und Fäkalentsorgung führen kann. Dafür findet sich in einem Cafe der gehobenen Klasse ein Klomodell der Extraklasse: Europäischer Standard in bestens gepflegtem Zustand, dazu die Istanbuldüse UND qualitativ hochwertiges Papier! Nicht nur deswegen hat’s mir dort gefallen.
Neue Erfahrungen dafür in Sanliurfa. Das örtliche Gasthaus, in dem ich für zwei Nächste untergekommen bin, verfügt noch über das mittlerweile altbekannte Duschklo-Modell, hält aber auch ein europäisches Modell bereit. Eng wird es dagegen beim nächtlichen Cafebesuch mit Yusuf und seinen Kollegen. Ohne Taschentücher in selbiger aber Grummeln in der Magengrube geht’s aufs nicht so stille, weil öffentliche (10 Cent Gebühr), Örtchen. Loch im Boden, Blecheimer vor der Nase, Hahn in der Wand – und kein Alternative in Petto.
Da bleibt nach rund einem Monat auf Reise erstmals nur der beherzte Griff ins Wasserbehältnis und anschließend der weitaus beherztere gen Heck. Das muss natürlich (zwecks Erfahrungsgewinnmaximierung) passieren, wenn meine über Wochen so stabile Verdauung erstmals randaliert. Augen zu und durch, wer weiß, was noch alles kommt. Augen zu ist natürlich keine gute Idee, schließlich wird ja üblicherweise durch flüchtigen aber prüfenden Blick aufs Papier festgestellt, was bereits an Spuren entfernt, bzw. noch zu entfernen ist. Das gestaltet sich ohne Zellstoff in der Pfote weitaus komplizierter, weshalb der besorgte Besucher lieber einmal zu oft als zu wenig wischt...
Libanon
Wenig Spektakuläres im Land der Autobomber. Untergebracht im Deutschen Orientinstitut sind die Toiletten wenig überraschend europäisch angehaucht. Was sich allerdings aus der Türkei durchgesetzt hat ist die Rektalbrause, die nicht nur im Beckenrand fixiert sondern auch frei hängend (und mit Schlauch) genutzt werden kann. Per Knopfdruck wird hier ein unterschiedlich starker H2O-Strahl gen Rektum gerichtet, der – weil frei hängend – in pucto Aufprallwinkel und Zielgebiet variiert werden kann. In Kombination mit Klopapier die bislang wohl effektivste Form der Rektumsreinigung – wenn der Strahl nicht zu stark gekrümmt ist.
Demnächst: Teil II (mit Indien)
Russland
Kleine Ausnahme in St. Petersburg: Bei Renat in der 4er-WG scheint die Putzdienstübersichtstafel verloren gegangen zu sein (ich selber besitze leider keine WG-Erfahrung, kenne das Problem daher nur aus Erzählungen), was der Toilette einen gewissen Touch purer Funktionalität gibt (Foto). Grundsätzlich zeigt sich der Trend, dass Klo und Bad räumlich voneinander getrennt sind – das erleichtert morgentliche Abläufe und verhindert Koordinationsschwierigkeiten, guter Ansatz!
Türkei
Zu bemängelnder Wasserdruck ist das einzige Manko, was auch in Istanbul auf der Liste steht. Ansonsten sind die Armaturen im einwandfreien Zustand, die russische räumliche Trennung zwischen Klo und Bad ist jedoch überwiegend aufgehoben. Neu ist dafür die Installation einer nach schräg aufwärts gerichteten Düse am hinteren Schüsselrand knapp unterhalb der Brille. Diese wird separat aktiviert und unterstützt qua Wasserstrahl die Afterreinigung erheblich. Strahlkrümmung, bzw. -intensität können dabei meist manuell reguliert werden. Gute Erfindung!
Während sich Ankara mit Istanbul vergleichbar präsentiert, gibt es im Südosten echte Veränderungen: In Malatya verfügt Ahmet (mit "t") über das selbe Zwei-in-Eins-Sytem aus Klo und Dusche, wobei des Reisenden Taschentuchvorrat angebrochen werden muss, um in traditioneller Weise Spurenverwischung zu betreiben (traditionell werden hier Eimer und separater Wasserhahn verwendet). Zudem ist die häusliche Wasserzufuhr ab und an unterbrochen, was zu Problemen bei Papier- und Fäkalentsorgung führen kann. Dafür findet sich in einem Cafe der gehobenen Klasse ein Klomodell der Extraklasse: Europäischer Standard in bestens gepflegtem Zustand, dazu die Istanbuldüse UND qualitativ hochwertiges Papier! Nicht nur deswegen hat’s mir dort gefallen.
Neue Erfahrungen dafür in Sanliurfa. Das örtliche Gasthaus, in dem ich für zwei Nächste untergekommen bin, verfügt noch über das mittlerweile altbekannte Duschklo-Modell, hält aber auch ein europäisches Modell bereit. Eng wird es dagegen beim nächtlichen Cafebesuch mit Yusuf und seinen Kollegen. Ohne Taschentücher in selbiger aber Grummeln in der Magengrube geht’s aufs nicht so stille, weil öffentliche (10 Cent Gebühr), Örtchen. Loch im Boden, Blecheimer vor der Nase, Hahn in der Wand – und kein Alternative in Petto.
Da bleibt nach rund einem Monat auf Reise erstmals nur der beherzte Griff ins Wasserbehältnis und anschließend der weitaus beherztere gen Heck. Das muss natürlich (zwecks Erfahrungsgewinnmaximierung) passieren, wenn meine über Wochen so stabile Verdauung erstmals randaliert. Augen zu und durch, wer weiß, was noch alles kommt. Augen zu ist natürlich keine gute Idee, schließlich wird ja üblicherweise durch flüchtigen aber prüfenden Blick aufs Papier festgestellt, was bereits an Spuren entfernt, bzw. noch zu entfernen ist. Das gestaltet sich ohne Zellstoff in der Pfote weitaus komplizierter, weshalb der besorgte Besucher lieber einmal zu oft als zu wenig wischt...
Libanon
Wenig Spektakuläres im Land der Autobomber. Untergebracht im Deutschen Orientinstitut sind die Toiletten wenig überraschend europäisch angehaucht. Was sich allerdings aus der Türkei durchgesetzt hat ist die Rektalbrause, die nicht nur im Beckenrand fixiert sondern auch frei hängend (und mit Schlauch) genutzt werden kann. Per Knopfdruck wird hier ein unterschiedlich starker H2O-Strahl gen Rektum gerichtet, der – weil frei hängend – in pucto Aufprallwinkel und Zielgebiet variiert werden kann. In Kombination mit Klopapier die bislang wohl effektivste Form der Rektumsreinigung – wenn der Strahl nicht zu stark gekrümmt ist.
Demnächst: Teil II (mit Indien)
Knisternde Erotik
Was aber Christiano Ronaldo ihm sein Urgroßvater am Tempel von 1250 sauer aufstieß waren nicht etwa die zahllosen versauten Kamasutra-Bumsbildchen, die König Dings damals in die Sandsteintempelwand meißeln ließ. Die hatten nämlich durchaus ihren Sinn: Fehlte König Dings nach bad luck im letzten Kriegsgewirr und daraus folgender Gewaltphobie bei der kommenden Generation doch eine adäquate Armee. Denn speziell die männliche Abteilung des kriegsmüden Jungvolks hatte sich von der elterlichen Generation losgesagt und ihr Leben der Abstinenz und des Mönchseins verschrieben.
Einfache Gleichung für König Dings: kein Müllemülle = kein Kinder = keine neuen Soldaten = das war’s dann wohl mit dem Königreich. Entsprechend musste der Bande das Prinzip des Koitus wieder nah gebracht und schmackhaft gemacht werden – so wurde beim kostenintensiven Tempelbau (am Ende mit Erfolg!) darauf geachtet, möglichst oft und deutlich auf die Existenz körperlicher Liebe in sämtlichen Ausführungen hinzuweisen.
Dies drohte natürlich die Grundfesten des Kolonialismus zu untergraben, weshalb Ronaldo Senior und Co. flugs entschieden, „der Stein gehört wech!“ Aus der Abteilung „Kleine Ursache, große Wirkung“ entstammt nun die Folge. Königs Dings ihm seine Architekten hatten, gar nicht blöd, geschmolzenes Eisen benutzt, um die einzelnen Sandsteintempeleinzelteile klammerartig angemessen zu verkuppeln. Das Fe2-Klammergerüst wiederum, so die Legende, war auf die magnetische Wirkung des Steinchens (hihi) auf dem Dache angewiesen und erfuhr durch Entfernung des selbigen einen nachhaltigen Verlust an Steifigkeit.
Stein weg, Tempel weg – so das Ergebnis. Dafür konnte der Portugiese wieder unbehelligt vor des Subkontinents Ostküste seefahren. Zumindest so lange bis der Engländer sich in die ganze Geschichte einzumischen begann, aber immerhin hatte man wieder funktionierende Kompassnadeln.
Sperrstunde zum 28.
Gefeiert wurde standesgemäß in der Hauptstadt (obwohl ich ja eher Mumbai-Fan bin) im empfehlenswerten Stadtteil Vasant Vihar (South Delhi, dort geht allgemein mit Abstand am meisten) und das wie angedeutet in großer Runde. Denn: Gevatter Schicksal (Zufall? Gibbet nicht!) hat auf der großen Geige gespielt: 48 Stunden vor Ehrentag wird mir der Kollege Christian aus Aachen, studierend in Karlsruhe, vorgestellt – und der teilt mit Roger Moore, Timo Rosenberg und mir den Geburtstag...
Da hat wohl jemand (am Ende gar Derdaoben?) ein päpstlich wachsames Auge auf meine Reise geworfen, dass er mir sogar in Delhi einen Geburtstagsgenossen schnitzt. Erste Glückwünsche kommen allerdings des Morgens von CS-Muttertier Barbara und Mitsurferin Tiziana (ITA), die in Laos für die Welthungerhilfe arbeitet und in Indien urlaubt. Es folgt ein standesgemäßer Umzug durch die Straßen und U-Bahn von Delhis westlichen Vororten bis zum Kollegen Sunny, bei dem ich für die letzte Hauptstadtnacht unterkomme.
Die komplett versammelte Sikh-Familie gratuliert überschwänglich und spendiert eine Runde lecker Frühstück plus Tee und Kekse. Anschließend ist Cruisen angesagt, was in indischen Großstädten durchaus zeitaufwändig und mit reichlich Stillstand verbunden ist. Mit entsprechend wenig Aufwand (Last Minute Ticket nach Kalkutta organisieren, Turm angucken, Blumen für Borgmann bei mittellosem Straßenhändler kaufen) geht der Tag vorüber und der interessante Abschnitt kann beginnen.
Zielsicher wird mit drei Indern im Gepäck ein Schuppen mit Happy Hour Angebot angesteuert. Die drei Burschen sind heiß wie Frittenfett, endlich meine anderen Bekanntschaften kennen zu lernen – speziell die Abteilungen Germania und Italia sowie Couchsurferin Khush, die Christian und mich verkuppelt hat. In Fünfminutenintervallen (EIN WORT!) wird nach deren Verbleib gefragt, um dann, als Khush (die kann sprechen!) auftaucht, in kollektives Schweigegelübde zu verfallen – Redezeitkonto abgelaufen, die Bande kriegt trotz intensiver borgmannscher Konversationsinitialisierungsversuche (...) den Mund nicht mehr auf.
Bei der Ursachenforschung wittert der geübte Familientherapeut Auswirkungen des rigiden elterlichen Regimes: Denn solange nicht studientechnisch die Stadt gewechselt wird, bleibt der Junginder als solcher bei der Herde. Mit allen Konsequenzen, gegen die ein jeder deutscher Teenager rebelliert: Sperrstunde für die Rückkehr gen Heimat, kein Damen- (bzw. Herren-) besuch, wenn denn überhaupt etwas in Richtung Beziehung existiert.
Verbales Sperrfeuer der Kollegin Khush drängt die Sicherheitsbeauftragten allerdings zur Aufgabe, doch nicht bevor nicht ein weiterer verzweifelter Versuch der Geburtstagssabotage unternommen wird: Jungspund Arjun (18) dürfe nicht in die Restaurant-Bar (!), weil alloholische Getränke dort nur an 25-fach belenzte und aufwärts ausgeschenkt werden dürften. Erneute Verbalsalven vom Kaliber Khush (dann trinkt der Bursche halt nicht, außerdem liege das ja wohl im Kompetenzbereich des örtilchen Tablettträgers, den Hochprozentigen nur entsprechenden Altersgruppen einzuschenken) vereiteln auch diesen Versuch und tatsächlich wird Eintritt gewährt.
Die Geburtstagsgesellschaft wächst auf neun Teilnehmer und nach gegenseitigen Gratulationen zwischen den Geburtstagskindern kommt tatsächlich ein mit Liebe gebackener Geburtstagskuchen auf den Tisch – der wird selbstverständlich gemeinsam angeschnitten und kann auch an der Geschmacksfront viel!
Enttäuschende Performance allerdings von der Kompanie Mundtot: Sunny und Co. (die mir schon die eine oder andere Frikadelle ans Ohr gesabbelt haben - "I think Germany is very good country") finden nicht nur keinen Weg, das Sprachorgan zu öffnen, sondern kündigen gegen 22.30h auch an, aufgrund erster investigativer Anrufe von der Heimatfront so langsam mal den Rückweg zu selbiger antreten zu müssen. Das passt mir entsprechend schlecht ins Zeitkonzept und so lasse ich die schweigsamen Drei abziehen und verbleibe mit dem Rest der (redseligen) Gesellschaft.
Rückweg (gg. 1.30h) dadurch zwar aufwendiger, aber Khush übernimmt den Transport über mehr als 2/3 der Strecke und verfrachtet mich am Ende auch fachkundig in eine Autorikscha, die mich bis zur Casa del Sunny kutschiert (2.30h). Dort wird mir mitgeteilt, dass Mutter und Schwester ein Geburtstagsabendessen extra für mich gezaubert hatten, das ich nun leider verpasst hätte. Ist aber auch schwer zu erahnen, wenn niemand den Mund aufmacht...
Mittwoch, 21. Oktober 2009
Incredible India
Einladung natürlich über Couchsurfing, Gastgeberin Barbara (65, Amerikanerin) ist quasi das Muttertier der örtlichen CS-Szene, in ihrem Fahrwasser gelange ich zu der sündhaft teuren Veranstaltung (>300 Gäste) im Railway Officers Club im Herzen von Indiens Kapitale. Mit Dekoration hat es der Inder offenbar, weniger allerdings mit förmlicher Kleidung. Das kommt mir entgegen, fühle ich mich dadurch dich nicht ganz so underdressed wie das bei vergleichbaren gesellschaftlichen Anlässen in der Heimat der Fall gewesen wäre...
Dreimal muss Kollege Shobi bestätigen, dass er seine Braut (vertreten durch ihren Onkel) auch tatsächlich heiraten will, dann ist die (arrangierte! Hier nach wie vor weit mehr als die Hälfte!) Hochzeit über die Bühne gebracht und die Gästinnen dürfen einen Blick auf die Braut werfen.
Tänzerische Unzulänglichkeiten blieben im Übrigen verborgen – Tanz und Musik gab es nämlich überhaupt nicht. Das kommt erst am Tag drauf, dann schmeißen des Bräutigams Eltern die nächste Sause, nachdem sich Muddi und Vaddi seiner Angetrauten mit der ersten Party gefährlich nah an den finanziellen Ruin begeben haben. Macht man hier halt so...
Freitag, 16. Oktober 2009
Inder Eisenbahn – endlich wieder flache Wortwitze
Nun ist das Klischee indischer Vorortzüge ja bekannt und selbst im Klipper-Magazin schon ausgereizt worden, Zeit also, sich vom Vorurteil zu lösen und festzustellen, dass – wie so oft auf dieser Reise – es eigentlich ganz anders und gar nicht so schlimm ist. Optimismus versprühend wird also die Anreise gen Bahnstation Andheri vorgenommen, der Kollege von der Dreiradfraktion chauffiert mich für schlanke 15 Rupien (20 Cent, ca. 8 Minuten Wegstrecke) bis zum Ticketschalter.
Als Passagier 1. Klasse könne ich mich ruhig an der Schlange vorbeidrängeln, wurde mir mit auf den Weg gegeben, doch selbige hält sich in überraschend engen Grenzen so dass mir – ganz in der Tradition des aufgeklärten Kolonialismus – in Reih und Glied wartet. Preislevel der First-Class-Tickets lässt sich mit rund 150 Rupien doch als erhöht bezeichnen, vielleicht gibt’s dafür nen Mitropa-Wagen...
Zumal der Ein- natürlich auch der Ausgang ist und zumindest ein paar Nasen hier auch entsteigen wollen. Das ist also tatsächlich purer Kampf, und wenn man erstmal in dem Strudel ist, dann gibbet auch kein Zurück mehr, unterdruckartig wird dann hineingesaugt. Ich allerdings nicht, habe den Anschluss schon im Ansatz verpasst und kann mir das Spektakel daher aus sicherer Entfernung betrachten. Warte ich halt zehn Minuten bis der nächste kommt. Mulmiges Gefühl allerdings beim Blick ins Innere – das sieht doch latent beengt aus...
Drinnen dann das befürchtete Bild: ein wenig beengt isses schon. Umfallen unmöglich, festhalten trotzdem angebracht. Schon nach 35 Minuten wird es allerdings besser, dann wird Mumbai Central passier und vermehrt ausgestiegen. Vegetative Funktionen (Atmung!) laufen nun wieder deutlich einfacher.
Gesonderte Wagons gibt es übrigens für Frauen, die ein wenig (!) leerer sind. Bei der nächsten Tour teste ich dann mal den Unterschied in der 2. Klasse - der Mitropawagen zumindest wäre in Klasse eins wohl manövrierunfähig. Gelohnt hat sich die Tour aber auch weil das erste indische Hockeystadion gesichtet wurde!
Montag, 12. Oktober 2009
Daumen raus in Dubai
Aber gut, in der Metro zum Glueck kein Permafrost sondern vernuenftig temperiert. Dazu hat’s Loungemusik und Panoramablick. Alles schoen, so der erste Eindruck, schliesslich ist auch der Flughafen angebunden (zwar erst ein Terminal, aber da wollen wir mal drueber hinwegsehen) und von der Haltestelle „Financial Centre“ sind es nur zehn Minuten zu Couchsurfer Chetan (Inder, optimal fuer Vorbereitung auf Subkontinent).
Befluegelt durch den runden Gesamteindruck wird am letzten Abend in Dubai (mittlerweile gut erholt von den Todesnaehe-Erfahrung bei den Pharaonen) der kuehne Plan gefasst, den Rueckweg von der Palmeninselplantage (wenig Charme wenn man erstmal drauf ist, dann ist von Palme naemlich herzlich wenig zu spueren) gen heimischem Appartement (28. Stock – ich versuche meine Hoehenangst zu kurieren) metroisiert anzutreten.
Aber: Klarer Fall von „Rechnung ohne den Wirt gemacht“. Bei Eintreffen um 22.12 Uhr ist die Stationstuer fest verriegelt. Erster Gedanke natuerlich, wir haben doch eine der ausserbetrieblichen Stationen erwischt. Dafuer wird allerdings verdaechtig wenig gebaut und das Licht ist drinnen erstaunlich hell. Als dann der Wachmann die Treppe hinunterrollt und pantomimisch bedeutet, der Laden sei um diese Zeit geschlossen, fuehlt sich der Westeuropaeer im falschen Film.
Runde sechs Minuten vorher (22.06 Uhr!) ist die letzte Bahn abgerollt, eine weitere faehrt in wenigen Minuten in die andere Richtung, dann ist Schicht im Schacht. Weiterer Weltrekord: Die Metro mit den kuerzesten Betriebszeiten verkehrt in Dubai, mir bittet um Eintragung in das entsprechende Register! (Andere gesichtete Weltrekorde: Hoechste Bude von Welt – tatsaechlich gigantisch – direkt neben der groessten Mall wo gibt und der weltgroessten Fontaine)
Auch das klimatisierte Taxi faellt aus, denn die kleine Parkbucht (= Bushaltestelle) neben der Schnellstrasse wird fuer die naechsten rund 20 Minuten von Dubais Taxiflotte komplett ignoriert. Die Bus-Alternative wuerde uns mit drei Mal Umsteigen ca. eineinhalb Stunden spaeter grob in der Naehe der Heimat absetzen, bleibt also nur eins: Daumen raus in Dubai!
Was in Anatolien funktioniert kann in SimCity ja wohl nicht so schwer sein. Allerdings fehlt uns ein passendes Schild, so bleibt nur winken und freundlich fragen. Das hat nach rund zehn Minuten und vier Anlaeufen auch ziemlich prompt Erfolg. Der syrische zerzottelte Softwaredesigner Jay erbarmt sich unserer und will uns zumindest erstmal bis zu unserem Bus mitnehmen. Umgehend wird der Ritter von der Schnellstrasse ins Gespraech verwickelt und zeigt sich vorbildlich beeindruckt von meiner Weltreise. Mit Nachdruck wird gefordert, meinen Blog auch in angelsaechsischem Dialekt anzubieten und gut 20 Minuten spaeter werden wird direkt vor der Haustuer abgesetzt.
Fuer Jay ein Umweg von fast 45 Minuten, er muss naemlich in die komplett entgegengesetzt Richtung, wie Chetan mir erklaert. Wollte aber eben behilflich sein der Mann. Und berichtet, dass die Palmeninsel am Sinken ist, weil die Ingenieure bei der einen oder anderen Schaetzung daneben gelegen haben koennten. Ob’s stimmt? Keine Ahnung, aber vielleicht wuerde ein grossflaechiges Palmensinken de Scheichs ja einen Anreiz verschaffen, auch ein Absinken des Meeresspiegels zu initiieren (vielleicht durch das weltgroesste Ausfliegen von Wasser in den Weltraum oder so was). Auf jeden Fall mal drueber nachdenken!
Freitag, 2. Oktober 2009
Floehe und Alkohol
berichte und umgehend Gegenmassnahmen einleitet.
Gegenmittel werden in Old Cairo auch schnell gefunden, eins heisst passender Weise „Insect Kill Max“ oder so aehnlich, riecht wie drei Chemieunfaelle am Aralsee und sollte nach einmaliger Anwendung saemtliche huepfenden Quaelgeister ins Zirkusparadies befoerdert haben. Doch mit den beisswuetigen Biestern ist es nicht getan. Der erstmalige Kontakt mit Klimaanlagen im hohen zweistelligen Bereich laesst das Borgmannsche Immunsystem nicht unangetastet. Spaetfolge: Erkaeltung im Anflug auf Old Cairo, zudem geht Ramadan zu Ende, was mit wenigen Ruhephasen dafuer ausschweifender Feierei verbunden ist.
letzten Ramadan-Abend in der Floh-Manege und begeht anlaesslich einsetzender Entfastung ein zuenftiges Besaeufnis. Dazu werden weder Kosten noch Muehen gescheut, Kollege
Mohamed sammelt die Penunzen ein, um beim oertlichen Alkoholhehler „guten Stoff“ zu organisieren. Als stolz die Buddel praesentiert wird, melde ich in meiner Funktion als Teilzeit-Alkoholiker leise Zweifel an Herkunft und Qualitaet des Whiskeys an, der auf den interessanten Namen „John Waler – Black Label“ hoert. Nein, nein, das sei der „gute“ Black Label Whiskey, beteuert die Fraktion der Ortskundigen und ich lasse sie in ihrem Glauben, auch wenn wir entdecken, dass das (ganz annehmbare) Gesoeff doch im Land der Pyramiden und nicht im Land der Seeungeheuer gebraut wurde...
Konsequenz des (auch rauchigen) Gelages: Am naechsten Tag verpennt Mohamed voellig verkatert DAS Gebet am ersten Morgen des Eid-Festes, der Rest schleppt sich mehr oder weniger lebendig gen Moschee, die geplante Abfahrt gen Bootstour zu irgendeiner Nil-Insel verschiebt sich um bummelige fuenf Stunden und meine verschollene Stimme wurde zuletzt irgendwo zwischen „Black Label“ und Insektizid-Dampf gesichtet.
Dennoch ist die Bootstour ein absolutes Muss fuer die ganze Bande, denn nach rund einem Monat gibt es auf den Kaehnen mit Orient-Techno endlich wieder Frauen zu sehen. Deswegen wurde in den letzten Tagen klamottentechnisch schwer geklotzt, am Abend zuvor zudem komplett neu frisiert und rasiert sowie zumeist eine bleichende Maske fuer blasseren Taint aufgelegt. Auf Druck meiner oertlichen Reisegruppe wurde mir ein „egyptian style“ Bart verpasst, der hervorragend mit meiner nicht mehr vorhandenen Stimme harmoniert.
Zwar bruestet sich der wohl noch nicht intimbehaarte Nachwuchs mit einem schier unglaublichen sexuellen Erfahrungsschatz („Warum braucht ihr dann jemanden, der euch Maedels organisiert“ – durchs Stellen von gezielten Fragen schaff’ ich erstmal Unbehagen), wird allerdings knauserig, als es um die Modalitaeten der Bezahlung geht (teuer und cash). Entsprechend kommt ein Geschaeftsabschluss nicht zu Stande, denn zu frueh wird das rettende Ufer erreicht, was meine Stimme zum Anlass nimmt, in den Nil zu huepfen und sich damit wieder komplett aus dem Geschehen zu verabschieden.
Auf dem Heimweg wird am Bahnhof schnell ein Zugticket fuer denselben Abend nach Luxor erstanden. Dort sollen sich Borgmann und seine Stimme in den naechsten zwei bis drei Tagen erholen und beim Ausflug ins koenigliche Tal ein wenig Entspannung finden. Kann ja so schwer wohl nicht sein.
Luxor per Zug
Truebe Laune macht sich kurz vor Abfahrt des Pharaonen-Express breit, als bei Rueckkehr in das Borgmannsche Domozil lebendige Floh-Rudimente entdeckt werden. Mit nicht zu verkennender Panik wird Rucksack eins (gross) bei Mohamed Mutti untergebracht (garantiert flohfrei) und Flohopfer Borgmann mit leichtem Gepaeck auf die Reise gen Hauptbahnhof und Luxor geschickt. Steine purzeln, als endlich Sitz 35 in Wagon 9 erreicht und die Klimaanlage offenbar dezent aktiviert ist.
Die geloeste Stimmung verfliegt allerdings binnen Minuten, als sich kurz nach Verlassen von Kairo Hbf ein zweiter Anwaerter auf „meinen“ Sitz zu erkennen gibt. Fachkundige Begutachtung meines (nur arabisch beschriebenen) Tickets durch den anrueckenden Schaffner enthuellt: Die Pappkarte ist unguenstigerweise fuer morgen ausgestellt. Ja Mensch, was ein Zufall. Erste Ueberlegungen des Zugpersonals gehen in die Richtung, mich bei der naechstbesten Gelegenheit raus zu werfen – ohne Ticket bestehe kein Befoerderungsanspruch...
Ich koenne allerdings (weil ja bezahlt und Kulanz des Personals) versuchen, mir einen anderen Platz zu suchen, was am ersten Tag von Eid schlicht unmoeglich ist, weil Aegypten geschlossen zur Familie oder sonst wohin reist und das ueberwiegend per Zug tut. Zur Auswahl stehen damit: Toilette (hm...) und die klassischen Zwischen-Wagon-Bereiche, in denen es zieht wie Hechtsuppe (super bei aufziehender Erkaeltung) und die schon dicht bevoelkert sind – speziell saemtliche Gepaeckablagen, die Schlaf halbwegs moeglich machen. Nach 20 Minuten Irrfahrt durch den Zug und penetrantem aber erfolglosen Nachfragen nach freien Plaetzen stolpere (immer noch stimmlos) ich in mein Schicksal, das auf den Namen Mustafe hoert. Der Junge Mann studiert Chemie an der American University of Cairo, parliert entsprechend fliessend Englisch und rettet mir kurzerhand gefuehlt das Leben. Nach kraechzender Darlegung meiner Lage bietet er umgehend an, seinen Sitzplatz mit mir zu teilen, versucht zuvor auf Nachfrage aber noch, mir einen Platz in Klasse eins (nie voll besetzt!) zu verschaffen.
Er fuehrt die kurzen Verhandlungen mit dem Zugpersonal, erklaert mir, wen ich mit wie viel bestechen sollte und geleitet mich zu meinem Sitz in Klasse eins, wo er noch zweimal (erfolgreich) weitere kurze Verhandlungen fuehren muss. Als er mich dementsprechend abgeliefert hat, schlafe ich (unbeschreiblich dankbar) sofort ein und wache eine Stunde spaeter auf, als Mustafa erneut neben mir sitzt und eine Tuete mit Obst, Apfelsaft und Keksen in der Hand haelt, die er mir an der letzten Station ergattert hat. Ich solle weiter schlafen und bei aufkommendem Hunger was zu futtern haben, sagt er und verabschiedet sich wieder in seinen Wagon.
Kurz vor seiner Station kommt er noch mal vorbei um sicherzugehen, dass ich in Ordnung bin, erzaehlt mir ein bisschen von seinem Interesse an deutschen Philosophen und macht sich in Qena (da wohnen seine Eltern) dann vom Acker – der Mann gehoert in den Heiligenstand erhoben!
Das geht meines bescheidenen katholischen Wissens nach allerdings nur posthum, hat also hoffentlich noch Zeit. Anders dagegen auf der Rueckfahrt nach zwei halbwegs erholsamen Tagen in Luxor. Dort achte ich penibel auf das Gueltigkeitsdatum des Tickets, das mir Touristen-Faenger Mohamed (ein anderer, die heissenhier alle so) auf dem Schwarzmarkt besorgt hat (weil Tickets auch am letzten Tag des Eid-Festes – was ein Timing – rar sind).
Datum, Zug (verspaetet wie immer hier), Wagon und Platz stimmen, allerdings ist es drinnen etwas frisch. Was soll’s Hauptsache ich bin morgen um sieben Uhr (geplante Ankunft 5.30h) in Cairo um meinen Flieger nach Dubai um 9 Uhr zu bekommen. Schreck dann aber gegen Mitternacht. Hinter mir faengt es laut an zu schreien. Ich tippe vom Geraeusch her auf Baby und versuche weiter zu pennen bis das Gebruell lauter und wird und Hektik im Wagon ausbricht. Der Schulterblick offenbart: Wer hier bruellt ist rund 40 Jahre alt, hat die Augen fest geschlossen, wird von Kraempfen geschuettelt und seine um ihn versammelte Familie ist in Traenen aufgeloest.
Als nach einigen Minuten immer noch kein Arzt zur Hilfe gekommen ist, frage ich mich gerade, ob die nicht Zug fahren. Doch da kommt ein Mann in Weiss und mit Kape auf dem Kopf herein. Der Baertige entpuppt sich allerdings nicht als Mann der Spritze sondern des Gebetsbuchs und faengt an, auf Teufel komm raus (...) auf den Schreienden einzubeten.
Ein wenig Wasser ist die einzige Medizin, die verabreicht wird, ansonsten wird eine halbe Stunde lautstark gebetet. Der Mann braucht keinen Prediger sondern einen Arzt, denke ich, will als einziger Touri im Zug aber auch nicht den ach so gebildeten Westeuropaeer heraushaengen lassen. Aber trotz aller Beterei hat es den Anschein, dass der Typ hier mitten unter uns stirbt. Seine Frau steht kurz vor dem Zusammenbruch, seine Mutter sitzt direkt hinter mir und hat das Gesicht in ihrem Umhang vergraben. Ruckartig reisst der Mann seinen rechten Arm in die Hoehe und deutet nach Oben. Will er sagen, dass er jetzt gen Himmel auffaehrt?
Weiter wird nur gebetet und der ganze Wagon schaut wie paralysiert zu. Wir halten zwischendurch an zwei Haltestellen und Menschen kommen und gehen – auch durch den Wagon. Was eine bizarre Szene. Aber nirgendwo wird der vielleicht Sterbende aus dem Zug und zu einem Arzt gebracht. Vorsichtig frage ich nach und bekomme nur heraus, dass die Familie auf dem Weg nach Kairo zu einem Spezialisten sei. Was genau dem Mann fehlt kann mir niemand erklaeren.
Nach gut einer Stunde werden die Schreie weniger und der Prediger laesst von dem Mann ab. Er ist nicht tot, sein Gesicht aber immer noch verkrampft, die Augen hat er waehrend der gesamten Zeit nicht ein Mal geoeffnet. Es scheint im besser zu gehen, denn die Anspannung im Wagon loest sich ein wenig. Die Menschen setzen sich wieder auf ihre Plaetze, versuchen zu schlafen. Irgendwann schlafe auch ich wieder ein, wache erst auf als es draussen schon hell ist und wir durch die Vororte von Kairo fahren. Der Mann schlaeft drei Reihen hinter mir, seine Frau haelt seit Stunden seinen Kopf.
Es ist Viertel vor sieben (eineinhalb Stunden Verspaetung) und ich rufe Mohamed an, der meinen grossen Rucksack zum Bahnhof bringen will, damit ich direkt zum Flughafen fahren kann und meinen Flieger noch bekomme. Eine halbe Stunde spaeter steige ich auf dem Zug, kurz hinter mir der Mann, der in der Nacht seinen Todeskampf gewonnen zu haben scheint. Er kann gehen aber sein Blick geht ins Leere.
Um 7.40 Uhr kommt Mohamed mit meinem Rucksack die Stufen von der Metro hoch gelaufen. Fuer unsere Verabschiedung haben wir zwei Minuten, dann springe ich ins Taxi, das mich mit Hoechstgeschwindigkeit zum falschen Flughafenterminal (2) bringt. Das stelle ich aber erst drinnen um 8.02 Uhr fest und muss knappe zehn Minuten zu Terminal 3 rennen. Dort bruelle ich „Dubai“ in Richtung Check-In-Schalter und hoer „closed, do you know what time it is!?“ Penetranz meinerseits setzt sich aber durch, ich kann die Schlange umgehen und um 8.25 Uhr einchecken, als das Boarding offiziell gerade beginnen soll. Gegen 10.30 Uhr heben wir dann mit 1,5 Stunden Verspaetung endlich ab. Auf nach Dubai – hoffentlich zum Entspannen und Erkaeltung auskurieren...
Die geloeste Stimmung verfliegt allerdings binnen Minuten, als sich kurz nach Verlassen von Kairo Hbf ein zweiter Anwaerter auf „meinen“ Sitz zu erkennen gibt. Fachkundige Begutachtung meines (nur arabisch beschriebenen) Tickets durch den anrueckenden Schaffner enthuellt: Die Pappkarte ist unguenstigerweise fuer morgen ausgestellt. Ja Mensch, was ein Zufall. Erste Ueberlegungen des Zugpersonals gehen in die Richtung, mich bei der naechstbesten Gelegenheit raus zu werfen – ohne Ticket bestehe kein Befoerderungsanspruch...
Ich koenne allerdings (weil ja bezahlt und Kulanz des Personals) versuchen, mir einen anderen Platz zu suchen, was am ersten Tag von Eid schlicht unmoeglich ist, weil Aegypten geschlossen zur Familie oder sonst wohin reist und das ueberwiegend per Zug tut. Zur Auswahl stehen damit: Toilette (hm...) und die klassischen Zwischen-Wagon-Bereiche, in denen es zieht wie Hechtsuppe (super bei aufziehender Erkaeltung) und die schon dicht bevoelkert sind – speziell saemtliche Gepaeckablagen, die Schlaf halbwegs moeglich machen. Nach 20 Minuten Irrfahrt durch den Zug und penetrantem aber erfolglosen Nachfragen nach freien Plaetzen stolpere (immer noch stimmlos) ich in mein Schicksal, das auf den Namen Mustafe hoert. Der Junge Mann studiert Chemie an der American University of Cairo, parliert entsprechend fliessend Englisch und rettet mir kurzerhand gefuehlt das Leben. Nach kraechzender Darlegung meiner Lage bietet er umgehend an, seinen Sitzplatz mit mir zu teilen, versucht zuvor auf Nachfrage aber noch, mir einen Platz in Klasse eins (nie voll besetzt!) zu verschaffen.
Er fuehrt die kurzen Verhandlungen mit dem Zugpersonal, erklaert mir, wen ich mit wie viel bestechen sollte und geleitet mich zu meinem Sitz in Klasse eins, wo er noch zweimal (erfolgreich) weitere kurze Verhandlungen fuehren muss. Als er mich dementsprechend abgeliefert hat, schlafe ich (unbeschreiblich dankbar) sofort ein und wache eine Stunde spaeter auf, als Mustafa erneut neben mir sitzt und eine Tuete mit Obst, Apfelsaft und Keksen in der Hand haelt, die er mir an der letzten Station ergattert hat. Ich solle weiter schlafen und bei aufkommendem Hunger was zu futtern haben, sagt er und verabschiedet sich wieder in seinen Wagon.
Kurz vor seiner Station kommt er noch mal vorbei um sicherzugehen, dass ich in Ordnung bin, erzaehlt mir ein bisschen von seinem Interesse an deutschen Philosophen und macht sich in Qena (da wohnen seine Eltern) dann vom Acker – der Mann gehoert in den Heiligenstand erhoben!
Datum, Zug (verspaetet wie immer hier), Wagon und Platz stimmen, allerdings ist es drinnen etwas frisch. Was soll’s Hauptsache ich bin morgen um sieben Uhr (geplante Ankunft 5.30h) in Cairo um meinen Flieger nach Dubai um 9 Uhr zu bekommen. Schreck dann aber gegen Mitternacht. Hinter mir faengt es laut an zu schreien. Ich tippe vom Geraeusch her auf Baby und versuche weiter zu pennen bis das Gebruell lauter und wird und Hektik im Wagon ausbricht. Der Schulterblick offenbart: Wer hier bruellt ist rund 40 Jahre alt, hat die Augen fest geschlossen, wird von Kraempfen geschuettelt und seine um ihn versammelte Familie ist in Traenen aufgeloest.
Als nach einigen Minuten immer noch kein Arzt zur Hilfe gekommen ist, frage ich mich gerade, ob die nicht Zug fahren. Doch da kommt ein Mann in Weiss und mit Kape auf dem Kopf herein. Der Baertige entpuppt sich allerdings nicht als Mann der Spritze sondern des Gebetsbuchs und faengt an, auf Teufel komm raus (...) auf den Schreienden einzubeten.
Ein wenig Wasser ist die einzige Medizin, die verabreicht wird, ansonsten wird eine halbe Stunde lautstark gebetet. Der Mann braucht keinen Prediger sondern einen Arzt, denke ich, will als einziger Touri im Zug aber auch nicht den ach so gebildeten Westeuropaeer heraushaengen lassen. Aber trotz aller Beterei hat es den Anschein, dass der Typ hier mitten unter uns stirbt. Seine Frau steht kurz vor dem Zusammenbruch, seine Mutter sitzt direkt hinter mir und hat das Gesicht in ihrem Umhang vergraben. Ruckartig reisst der Mann seinen rechten Arm in die Hoehe und deutet nach Oben. Will er sagen, dass er jetzt gen Himmel auffaehrt?
Weiter wird nur gebetet und der ganze Wagon schaut wie paralysiert zu. Wir halten zwischendurch an zwei Haltestellen und Menschen kommen und gehen – auch durch den Wagon. Was eine bizarre Szene. Aber nirgendwo wird der vielleicht Sterbende aus dem Zug und zu einem Arzt gebracht. Vorsichtig frage ich nach und bekomme nur heraus, dass die Familie auf dem Weg nach Kairo zu einem Spezialisten sei. Was genau dem Mann fehlt kann mir niemand erklaeren.
Nach gut einer Stunde werden die Schreie weniger und der Prediger laesst von dem Mann ab. Er ist nicht tot, sein Gesicht aber immer noch verkrampft, die Augen hat er waehrend der gesamten Zeit nicht ein Mal geoeffnet. Es scheint im besser zu gehen, denn die Anspannung im Wagon loest sich ein wenig. Die Menschen setzen sich wieder auf ihre Plaetze, versuchen zu schlafen. Irgendwann schlafe auch ich wieder ein, wache erst auf als es draussen schon hell ist und wir durch die Vororte von Kairo fahren. Der Mann schlaeft drei Reihen hinter mir, seine Frau haelt seit Stunden seinen Kopf.
Es ist Viertel vor sieben (eineinhalb Stunden Verspaetung) und ich rufe Mohamed an, der meinen grossen Rucksack zum Bahnhof bringen will, damit ich direkt zum Flughafen fahren kann und meinen Flieger noch bekomme. Eine halbe Stunde spaeter steige ich auf dem Zug, kurz hinter mir der Mann, der in der Nacht seinen Todeskampf gewonnen zu haben scheint. Er kann gehen aber sein Blick geht ins Leere.
Um 7.40 Uhr kommt Mohamed mit meinem Rucksack die Stufen von der Metro hoch gelaufen. Fuer unsere Verabschiedung haben wir zwei Minuten, dann springe ich ins Taxi, das mich mit Hoechstgeschwindigkeit zum falschen Flughafenterminal (2) bringt. Das stelle ich aber erst drinnen um 8.02 Uhr fest und muss knappe zehn Minuten zu Terminal 3 rennen. Dort bruelle ich „Dubai“ in Richtung Check-In-Schalter und hoer „closed, do you know what time it is!?“ Penetranz meinerseits setzt sich aber durch, ich kann die Schlange umgehen und um 8.25 Uhr einchecken, als das Boarding offiziell gerade beginnen soll. Gegen 10.30 Uhr heben wir dann mit 1,5 Stunden Verspaetung endlich ab. Auf nach Dubai – hoffentlich zum Entspannen und Erkaeltung auskurieren...
Freitag, 18. September 2009
Zwischen Kamel und Strassenkickern
Beirut in Kürze
Granaten an der israelischen Grenze (kein Thema in deutschen Nachrichten), Bier zu deutschen und Futter zu Spottpreisen, Handygebühren (astronomisch) als grِكte Quelle für Staatseinnahmen, Baustellen an jeder Ecke, Hنuser, die bis zum nنchsten Krieg halten. Optimisten, Fatalisten, ehemalige UNIFIL-Sprecher, Botschaftsmitarbeiter und 18 verschiedene Glaubensrichtungen, die alle ihre eigene Partei mit Ministerposten versorgen wollen. Dazu eine Masterarbeit über EU-Wahlbeobachtung, ein Orientinstitut als groكe WG mit Liebes- und Abwasch-Geschichten sowie Nachbarstadt Tripoli mit Reisewarnung (wussten wir nicht) und ihrem unvergleichlichen Tourismus-Angebot (existiert nicht).Mordanschlنge auf Politiker, die ihre Parteien allgemein sehr gerne in Familienbesitz halten, Zwِlfjنhrige die an deren Todestag mit Flaggen und Plakaten durch die Stadt rennen, keinerlei staatliche Strukturen aber eine unglaubliche Privatwirtschaft, die das Land stützt und nach jedem Krieg wieder aufbaut. Ein Image als „Schweiz des Orients“, das ich lange suche und nur auf einer Postkarte von 1974 finde, abgesperrte „Strنnde“ (Gated Communities!), eine Lebenseinstellung, nach der alles nur für heute zنhlt – wer weiك schon ob nicht morgen alles zerbombt ist –, mehr NGOs und Thinsk-Tanks und Staatsschulden pro Kopf als sonst irgendwo und ein „Iftar“-Abendessen bei den „Democrats Abroad“. Eine florierende Stromgeneratorindustrie die (so munkelt man) die „echte“ Stromindustrie schmiert, damit die nicht so viel Leistung bringt, Taxifahrer, die bei Frauen ca. 50 Prozent Rabatt gewنhren, komplette Abwesenheit von Verkehrsregeln und ein Couchsurfer, der Jihad heiكt, im südlichen Grenzgebiet Mienen für die UNIFIL beisete rنumt und aus seinem Zimmer ausziehen will, weil ihm der Baulنrm ihm Nachbargebنude zu laut ist.Wahrscheinlich braucht man etwas mehr als eine Woche, um Beirut zu begreifen, ich bin jetzt auf jeden Fall schon wieder in Kairo...
Mittwoch, 16. September 2009
Flughafenzubringer
Doch zurück zu erfreulicheren Dingen: Schon beim Ausparken gibt es Unstimmigkeiten zwischen Fahrer und Couchsurfer Ali (Ingenieur, Dozent an der Uni) und Ibrahim (Musiker, lange Haare). Kunst schlägt Wissenschaft und wir fahren durch verschiedene Wohngebiete (hier hat übrigens jede Bude einen überdimensioniertem Wasserkocher mit Solarantrieb auf dem Dach) irgendwie Richtung Südosten (sagt mir der Sonnenstand). Soweit so gut denkt sich der ortsblinde Passagier Borgmann und vertraut ebenso blind auf die irgendwie schon vorhandene Ortskenntnis seiner Begleiter.
Nach Auskunft von Ali hätte ich den Shuttle-Service aus der Innenstadt um spätestens 18.30 Uhr nehmen sollen, aber nun seien wir ja mit dem Auto unterwegs und schnell und würden das schon hinbekommen. Leise Skepsis bahnt sich erstmals ihren Weg, als wir statt über Asphalt über eine Sandpiste holpern, was sich jedoch lediglich als semilegale Abkürzung über einer der örtlichen Baustellen entpuppt. Auch der folgende Tankstellenbesuch lässt mich kalt, schließlich wird an Zapfsäule 4 nur Sprit und nicht eine Wegbeschreibung nachgefragt.
Dennoch fällt mir eine Sache auf: Im Auto wird seit geraumer Zeit verdächtig viel Türkisch gesprochen und orientalisch gestikuliert.
Erneute Unstimmigkeiten auch beim Verlassen des Petroleum-Versorgers: Wieder setzte sich Gitarrist Ibrahim durch und forciert die (unerlaubte) Umnutzung der Auffahrt zur Ausfahrt, so dass wir – die Hauptstraße kreuzend – ein Stückchen zurück fahren. Trotzdem, die werden das schon richten, denke ich mir.
Dennoch fällt mir wiederum eine Sache auf: Die Zahl der Flugzeuge, die am dämmernden Himmel zu sehen ist, geht stark gegen null – und das ungefähr seit wir ins Auto gestiegen sind.
Als der Disput zwischen Kunst und Wissenschaft im vorderen Teil unseres Kreuzers erneut aufbricht, beginne ich, die Umgebung verstärkt nach Flughafen-Beschilderung (oder überhaupt Beschilderung) abzusuchen. Erfolgserlebnisse bleiben aus, dafür wandelt sich die Straße und nimmt fernverkehrsartige Züge an. Als ich mich erstmals nach unserer genauen Position und den Zielkoordinaten erkundigen will, atmet die komplette Besatzung gerade erleichtert auf: Groß prangt ein Flugzeug-Symbol am Straßenrand, demzufolge wir uns bei der nächsten Ausfahrt rechts halten sollen.
Minuten später fällt mir dennoch eine Sache auf: Für einen Flughafenzubringer verfügt unsere Straße mittlerweile über bemerkenswert viele Serpentinen und gleichzeitig über bemerkenswert wenige Mittelstreifen, die etwa vorhandene Fahrspuren trennen könnten.
Um ehrlich zu sein, stimmt die Anzahl der Mittelstreifen ziemlich genau mit der Anzahl der Flugzeuge am Himmel überein. Das fällt offenbar auch meinem Kabinenpersonal auf, das sich schließlich im nächsten Dorf (!) auf einen Zwischenstopp einigen kann, um mit den Inhabern des örtlichen Kebab-Imbiss über die genaue Lage des Gazianteper Flughafens zu debattieren. Vielleicht hätte ich es ahnen können, als Kollege und Rücksitznachbar Mustafa (auch Musiker) am frühen Nachmittag meine (selbst gezeichnete aber ganz manierlich gelungene) Weltkarte auf den Kopf drehte, um mich zu fragen, wo ich denn schon überall gewesen sei…
Wie auch immer, selig sind die orientierungslosen. Denn die beiden Kebab-Kollegen dagegen scheinen sich in der erweiterten Metropolregion Gaziantep und den örtlichen Berghängen bestens auszukennen, deuten vehement und unbeirrbar in zwei unterschiedliche Richtungen... Während ich im Kopf schon mal durchrechne, was mich ein weiteres Ticket gen Beirut an Geld und Nerven kostet, tut sich draußen etwas: Der Junior-Chef der Kebab-Connection schwingt sich samt kleinem Bruder auf das betriebseigene Motorrad, um uns vorauseilend den Weg zu leuchten – keine Ahnung von Geographie aber wahnsinnig hilfsbereit hier!
Wir fahren also ein paar Kilometer die schon bekannten Serpentinen und Schnellstraßen zurück, und sollen uns bei der nächsten Abfahrt wiederum rechtes halten (dieses Mal aus der anderen Richtung kommend…). In der Ferne erblicke ich helle massive Klotz-Strukturen, die mit ein wenig guten Willen als Flughafengebäude durchgehen könnten und bekomme sofort steigenden Puls. Der senkt sich allerdings wieder, als sich besagte Strukturen als Düngemittelfabrik herausstellen und die Anzahl der Flugzeuge am Himmel nach wie vor stagniert.
Im Wagen ist es mittlerweile verdächtig still geworden, gebannt blicken vier Augenpaare auf die sich wiederum verändernde Straße. Die gibt sich nach der Düngemittel-Passage wieder sandig, einspurig, serpentienisch und lässt damit erneut den Charakter eines Flughafenzubringers vermissen. Immerhin gibt es Anzeichen von Zivilisation, ein Jeep steht mit Warnblinkern schräg auf der „Gegenfahrbahn“, die Höchstgeschwindigkeit ist qua Schild auf 30 km/h begrenzt.
„Wenn der Weg falsch ist, dann verprügeln wir Ibrahim“, blickt Mustafa nüchtern voraus. Ich füge hinzu, dass ich das Spektakel dann in Bild und Ton festhalten könne, um aus dem Verkaufsgewinn das nächste Flugticket zu finanzieren. Der Vorschlag wird mit 2/3-Mehrheit der Einheimischen (und damit Stimmberechtigten) abgenickt.
Schweißperlen sammeln sich auf Ibrahims Stirn, als wir von unserem Feldweg gen Schnellstraße gelenkt werden. Die zeichnet sich zwar durch Mehrspurigkeit, Beleuchtung und -schilderung aus, allerdings fehlt auf letzterer nach wie vor jeder Hinweis auf ein Rollfeld von überregionaler Bedeutung. Stattdessen hangeln sich kleine Ortschaften als Lichterflecken an den umliegenden Hügelhängen – von einer für die Platzierung eines solchen Rollfelds unerlässlichen Hoch- oder Tiefebene ist über Kilometer nichts zu sehen.
Ibrahims Einsilbigkeit hat mittlerweile Charakterzüge eines Schweigegelübtes angenommen, als endlich, endlich, endlich ein kleines Flugzeugsymbol auf grünem Grund über der Straße prangt. Entfernungsangaben fehlen zwar, aber Ali gibt noch mal Bleifuss. Zwei Kilometer weiter wird scharf links abgebogen (Leitplanke hier unterbrochen) und ich werde direkt vor das Terminal kutschiert. Der Schutzmann bläst energisch in die Trillerpfeife, Autos hupen von allen Seiten und binnen 35 Sekunden wird mein Rucksack aus dem Kofferraum, gewuchtet, die Verabschiedungszeremonie durchgeführt, der Schutzmann besänftigt und Weltreisender Borgmann die Richtung zum korrekten Terminal bedeutet.
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